Die Grande Dame des Xylophons, Greta Bölkow, möchte ihre Klöppel und ihre Kunst weiter geben. Foto: PICTURE POINT/Kerstin Dölitzsch

Von Thomas Gillmeister

Ihr musikalisches Erbe droht sang- und klanglos im Lärm der Welt unter zu gehen. Jahrzehntelang begeisterte Greta Bölkow (89) mit ihren Xylophonen Zuhörer rund um die Welt. Nun möchte sie ihre historisch wertvollen Instrumente in gute Hände geben.

89 Jahre und kein bisschen leise. Noch immer geht mit ihr das Temperament durch, wenn sie auf ihre Xylophone zu sprechen kommt. Aber mit ihnen auftreten und das Publikum begeistern kann sie nicht mehr. „Das bricht mir schon das Herz“, sinniert sie. „Mein Geist ist wach, doch mein Körper spielt nicht mehr mit.“ Deshalb bleiben ihre drei Xylophone nun die meiste Zeit unberührt. Sie sind nur noch Dekoration in ihrem Haus. „Das ist so, als wenn mir ein Sterne-Menü serviert wird und ich es nicht essen darf“, vergleicht Greta Bölkow mit ihrer unnachahmlichen Art. Zu viele Erinnerungen hängen an den selten gewordenen Instrumenten. Von ihrem Klang war die gebürtige Zwickauerin schon als kleines Mädchen fasziniert. Im einst berühmten Lindenhof-Varieté sah Greta die damals sehr populären Nehring-Brüder Xylophon spielen. Das wollte sie auch können! Ihre Eltern schenkten ihr ein Instrument.

Nachdem sie in Zwickau Gesang und Schauspiel studierte, eroberte sie in den 1950er Jahren mit ihren Xylophonen die Bühnen. Wenn sie auf ihrem vierreihigen Instrument aus Palisanderholz die Klöppel fliegen ließ, lag ihr das Publikum zu Füßen. Egal, ob sie in Berlin, Budapest oder Brisbane spielte. Einer der Höhepunkte ihrer Show: der schnelle Säbeltanz, den sie in einem atemberaubenden Tempo spielen konnte. Selbst nach einer Brustkrebsdiagnose trat Greta Bölkow bereits sechs Wochen nach der Operation wieder auf.

Dabei war sie immer ganz die Diva. Die Mutter von zwei Töchtern nähte ihre glitzernden Kostüme stets selbst. Und weil sie nicht nur auf der Bühne eine Erscheinung war, erhielt die Musikerin auch Modelaufträge. Noch bis Mitte 80 lief sie über Laufstege der Silver-Ager-Generation oder präsentierte ihre Xylophon-Show. Heute lebt die Vollblutmusikerin von den vielen Erlebnissen, Anekdoten, Rückblicken. „Natürlich weiß ich, dass das Xylophon etwas aus der Zeit zu fallen scheint“, ist sich Greta Bölkow bewusst. „Aber es wäre schade, wenn mit mir die Tradition stirbt.“

Deshalb sucht sie händeringend nach einem Musiker, der Interesse an ihren Xylophonen hat. Natürlich würde die Sächsin ihm noch so manchen Geheimtipp aus über 65 Jahren Bühnenerfahrung mit auf den Weg geben. Im nächsten Jahr feiert Greta Bölkow ihren 90. Geburtstag. Ihr schönstes Geschenk wäre, wenn sie bis dahin jemanden findet, der ihre Klöppel übernimmt und diese dann auf dem guten alten Xylophon wirbeln lässt.

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