Ein schöner Hingucker nicht nur in der Weihnachtszeit: die Raku-Lichthäuser von Astrid Hartmann. Foto: PICTURE POINT/Gabor Krieg

Diese Liebe kommt bei 1000 Grad erst richtig zum Glühen. Astrid Hartmann (50) schwärmt so für Häuser im sonnigen Süden, dass sie Miniaturen von ihnen in Keramik fertigt. Dafür benutzt sie die jahrhundertealte japanische Brenntechnik Raku, die aus jedem Haus ein Unikat macht.

Nach Feierabend gönnt sich die gelernte Kauffrau einen Mini-Urlaub. Denn am besten entspannen kann sie in ihrem kleinen Atelier unter dem Dach. Mit Blick auf ihr selbst geschaffenes Miniatur-Dorf träumt sie sich dann in den Süden Frankreichs oder Italiens hinein. Dort verbringt sie mit ihrer Familie gern die Ferien. „Dabei habe ich mein Herz an die historischen Häuser verloren“, erzählt die Wahl-Leipzigerin.

Sie überlegte, wie sie diese in Stein gehauene Romantik mit nach Hause nehmen könnte. Da erinnerte sie sich an die japanische Brenntechnik, die sie durch ihre Mutter kennenlernte, die als Töpferin im Erzgebirge gern Traditionen pflegt. Beim Rakubrand wird ein spezieller grober Ton nicht wie sonst üblich im Ofen abgekühlt, sondern glühend bei rund 1000 Grad mit der Zange herausgeholt. Durch die extremen Temperaturunterschiede entstehen auf der Oberfläche der Objekte die für Raku typischen Rissnetze. Danach werden die Handarbeiten in Sägespäne oder getrockneten Lebensbaum gelegt und geräuchert. „Die Risse und die Rauchspuren verleihen meinen Häusern diesen typischen morbiden Charme, diesen Hauch von Unvollkommenheit und Zufälligem“, beschreibt die Keramikerin. Sie experimentierte zusammen mit ihrem Mann Mario (49) jahrelang. Schließlich bekam das kreative Ehepaar ein Händchen für das perfekt Unperfekte.

Inzwischen entwickelte Astrid mehrere traumhaft schöne Häusertypen: vom Palazzo über einen Glockenturm bis hin zum schwergewichtigen dreiteiligen Dornröschen-Anwesen mit geschwungener Freitreppe. Dies ist die größte Raku-Rarität, die besonders Märchenfreunde mögen. Denn Astrid bleibt mit ihrer Kunst nicht allein im stillen Kämmerlein. Gern präsentiert sie auf Märkten in ganz Deutschland ihre handgemachten Häuser unter dem Label „Raku City“.

„Gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit werden sie unheimlich gern in Lichthäuser verwandelt“, weiß Astrid. Weil sich die klassischen Teelichter nicht eignen, bietet sie spezielle, auf die Häuser abgestimmte Kerzenhalter mit an. Manch ein Mini-Immobilien-Interessent hat auch einen ganz speziellen Wunsch. „So wurde ich immer wieder gefragt, ob ich auch einen Leuchtturm fertigen könnte“, erinnert sich Astrid. Inzwischen gehört er mit zu ihrem Raku-Repertoire, das sie ständig erweitert. Das stellt sie mittlerweile auch international vor.

So nahm die Sächsin an einem Raku-Festival in den Niederlanden teil, auf dem über 1.000 Anhänger der japanischen Brenntechnik unterschiedliche Proben ihres Könnens zeigten. Und wenn Astrid mit ihrem Mann, Tochter Jule (14) und Sohn Anton (18) im Süden Europas im Urlaub ist, fotografiert sie unterwegs die schönsten Häuser und versucht anschließend, sie mit Ton und Raku-Brand nachzuahmen.

Thomas Gillmeister

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