Sie wird dem HC Leipzig lange Zeit fehlen: Torfrau Annabell Krüger. Foto: Christian Modl

Leipzig. Es sind bewegte Zeiten beim Handball-Zweitligisten HC Leipzig – und ein Ende scheint irgendwie nicht in Sicht: Erneut mussten Präsident Torsten Brunnquell und Cheftrainer Fabian Kunze in diesen Tagen eine schlechte Nachricht verkünden: Torfrau Annabell Krüger muss am Meniskus operiert werden – und fällt mehrere Monate aus. Die nächste Baustelle: Da auch Anna Kröber noch bis November aufgrund einer Fußverletzung außer Gefecht gesetzt ist, wird nun händeringend eine Torhüterin gesucht.

Es ist ein echter Balanceakt, den der Leipziger Zweitligist in der anstehenden Spielzeit meistern muss. Ein Spagat an der Belastungsgrenze – dies wird schnell deutlich, wenn man dem Duo Brunnquell/Kuntze lauscht: Da ist auf der einen Seite diese Erwartungshaltung, die der Verein ja schon auch bewusst geschürt hatte mit dem ehrgeizigen Vorhaben, im Jahr 2024 den Aufstieg in die Bundesliga ins Visier zu nehmen. Und auf der anderen Seite hat man eine Realität, in der es immer wieder Rückschläge zu verzeichnen gibt.

Da lohnt sich ein Rückblick auf die Saison 2021/22. Eine Saison im Achterbahnmodus mit der finalen Erkenntnis, dass man das avisierte Saisonziel eines einstelligen Tabellenplatzes nicht erreichen konnte. Nicht zuletzt, weil sich der 17 Spielerinnen starke Kader schlicht als zu klein erwies, um die zahlreichen verletzungs- und krankheitsbedingte Ausfälle zu kompensieren. Was schnell zur Erkenntnis führte, man müsse sich unbedingt breiter aufstellen – eine Aufgabe, von der Fabian Kunze schon vor Wochen, gar Monaten sprach. Nun steht die nächste Spielzeit vor der Tür und selbst, wenn man die aktuellen Neuzugänge hinzurechnet, ist der Kader eher geschrumpft als gewachsen. Gut, die personelle Planung ist noch nicht abgeschlossen, auf der Wunschliste steht eine Verstärkung für den Innenblock ebenso wie eine Linkshänderin, aber Fabian Kunze bleibt eher nüchtern-realistisch: „An eine starke Linkshänderin kommen selbst die großen Bundesliga-Vereine nicht ran.“ Selbst wenn man erfolgreich wäre und die erwähnte To-Do-Liste abarbeiten könnte – mehr als 16 Spielerinnen und fünf Perspektiv-Spielerinnen aus dem Nachwuchs werden nicht zusammenkommen.

Ganz oben steht derzeit ohnehin etwas ganz anderes: Der HCL braucht dringend eine zweitliga-taugliche Torfrau. „Sonst können wir die Liga nicht halten“, bleibt der Cheftrainer auch in dieser Frage nüchtern-realistisch. Und sortiert die Erwartungshaltungen auch der Vereinsführung entsprechend ein: „Wenn wirklich alles gut läuft, ist ein fünfter Tabellenplatz durchaus drin. Auch wenn es eine echt schwere Aufgabe ist. Das Problem: In dieser Liga kann es für uns auch echt schwierig werden …“ Wenn eben erneut eine von Verletzungssorgen gezeichnete „Seuchen-Saison“ (so nannte Torsten Brunnquell die abgelaufene Spielzeit) ansteht, beispielsweise. Da ist es dann wieder, das Stichwort „Liga halten“.

Denn eines ist auch klar: Die Doppelfunktion Cheftrainer und Geschäftsführer für Fabian Kunze ist aus der puren Not geboren. Weil die Trainersuche, die der HCL vor geraumer Zeit startete, mal eben grandios gescheitert ist – beispielsweise mit einer (letzten) Absage quasi Fünf vor Zwölf. Wobei sowohl der HCL-Präsident als auch der neue Geschäftsführer (und Trainer in Personalunion) das Vorhaben verteidigen: Ersterer weist darauf hin, dass man mit Fabian Kuntze einen quasi blau-gelb brennenden Enthusiasten habe, der den Verein geschäftlich deutlich voranbringen könnte. Und zweiterer bestätigt: „Bei den gestellten sportlichen Zielen ist ein neuer Impuls von der Trainerbank durchaus gut – gerade mit einem Trainer, der viel Erfahrung mitbringt.“ Aktueller Stand: Dieser neue, erfahrene Trainer soll im kommenden Jahr übernehmen. Und Fabian Kunze wird sich dann komplett auf das Geschäftliche konzentrieren.

Der Etat muss wachsen

Das wird auch dringend nötig sein – dies wird auch schnell deutlich, vor allem, wenn es um die Zielstellung Bundesliga-Aufstieg geht. Möchte man sich in der Handball-Beletage etablieren (und zwar nicht als Fahrstuhlmannschaft), werde man schon einen sechsstelligen Etat benötigen, schätzt Torsten Brunnquell. Zum Vergleich: Aktuell rechnet man mit einem Saisonetat von 400000 Euro … und obendrein schwebt über allem ein Damoklesschwert der Unsicherheit. „Noch sind die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die Aktivitäten von Sponsoren bei uns überschaubar“, erklärt Torsten Brunnquell: „Aber sie sind dennoch schon da.“ Umso schwerer fällt der Blick in die Glaskugel: Nein, eine Prognose darüber, wie sich der HC Leipzig für die Saison 2023/24 in Sachen finanzielle Möglichkeiten aufstellen kann, will zum aktuellen Zeitpunkt niemand abgeben. Jens Wagner

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