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Bei den "Tollkirschen" ist immer jede Menge los: Der einzige queere Chor aus den neuen Bundesländern ist national und international unterwegs.

Dieses Lied ist einfach ein Klassiker: „Über sieben Brücken musst du gehn“ gehört – natürlich! – zum Repertoire der „Tollkirschen“. Das ist bis dato der einzige, in ostdeutschen Gefilden bestehende Chor homosexueller Männer mit Sitz in Leipzig. Und der hat in diesem Jahr einiges zu feiern – den 20. Geburtstag des Chores zum Beispiel. In diesen beiden Jahrzehnten hat man dabei schon weit mehr als sieben Brücken überquert.

Die Zahl der Auftritte spricht für sich – die „Tollkirschen“ standen schon in Halle, Erfurt und Berlin auf der Bühne, aber auch in Hamburg, Köln, Hahnstetten und Münster, sowie in der Gedenkstätte Buchenwald oder im katholischem Bistum Limburg/Lahn. Dazu kommen die vielen internationalen Auftritte wie zum Beispiel bei den „Various Voice“-Chorfestspielen. Das wichtigste queere Chor-Festival Europas wandert gern von Land zu Land. So standen sie in Paris auf der Bühne, sangen vor dem Eiffelturm, machten Straßenkonzerte, waren in London und in Dublin mit dabei und sangen bei der aktuellen Auflage im Juni in Leipzigs Partnerstadt Bologna. Und demnächst sind sie bei den Chorfestspielen in Brüssel mit von der Partie.

Großes Jubiläum des Chores

Jetzt steuern die stimmgewaltigen Herren aber erst einmal steuern sie ihr großes Jubiläumskonzert zu und die Freude bei den 15 Sängern ist schon riesengroß – ebenso wie bei ihrer schon wahnsinnig freuen. Ebenso wie die Chorleiterin, Dirigentin und musikalische Leiterin Conny Schäfer. Nein, das ist kein Schreibfehler, sondern Tatsache: Für manchen mag das vielleicht kurios klingen, das eine Frau ein Ensemble von queeren Männern leitet. Für die „Tollkirschen“ ist dies absolut normal.

Die Tollkirschen in Bologna beim Various Voices Festival.
Die Tollkirschen in Bologna beim Various Voices Festival.

„Wir sind sehr stolz auf unsere Conny, die seit zwanzig Jahren bei uns den Ton angibt“ erzählt Dirk Raßmann, der mit der Chorleiterin am Thalheim’schen Küchentisch sitzt, dem Chor fast von Beginn an mit angehört und verrät, dass er es war, der Conny Schäfer, die zu seinem Freundeskreis gehört, vor 20 Jahren zur neuen Aufgabe überredete.

„Ich stellte fest, dass diese vierstimmig singenden Herren mit einer großen Musikalität ausgestattet, ein sehr kreatives Team sind, mit dem zu arbeiten richtig Freude macht.“

Das war allerdings so schwer nicht. „Auf der einen Seite war ich schon ein wenig stolz, dass mich ein Männerchor fragte, ob ich die Leitung übernehmen wollte. Auf der anderen Seite auch aufgeregt, als wir uns dann zur ersten Probe trafen“ erzählt die Leipzigerin, die in Reudnitz zu Hause ist und die Lehramt Englisch und Musik an der Universität Leipzig studierte. Die entsprechende Erfahrung brachte Conny Schäfer schließlich mit – aus dem Klavier- und Gesangsunterricht zum Beispiel oder von der Arbeit mit einem Kinder- und einem Frauenchor. Es erwies sich als richtige Wahl: „Und ich stellte fest, dass diese vierstimmig singenden Herren mit einer großen Musikalität ausgestattet, ein sehr kreatives Team sind, mit dem zu arbeiten richtig Freude macht.“

Das gute miteinander ist eine echte Größe

Zumal das Miteinander eine echte Größe ist: Die abendfüllenden, aber auch die kürzeren Programme der „Tollkirschen“ überzeugen durch Vielseitigkeit: Das Singen der bekannten Hits und Schlager vor allem auch ostdeutscher Komponisten sowie Pop-Kracher wird mit Tanzeinlagen verknüpft. Dazu kommen aktuelle, witzige oder bissige Wortspielen über das aktuelle Geschehen, neuerdings begleiten auch einige Chormitglieder mit ihren Instrumenten die Auftritte. Mike Funke, Sprecher des Chors, lobt seinerseits die „himmlischen“ Choreografien, die von der musikalischen Leiterin entwickelt, mit bemerkenswerter Hingabe umgesetzt und vom Publikum begeistert aufgenommen werden.

Premiere für das brandneue Programm

Erleben konnte man dies im Leipziger Krystallpalast Variete bei der Premiere der brandaktuellen „Mission Spötterdämmerung“: Dahinter verbirgt sich eine humorvolle, musikalische Schlager- und Pop-Reise, die mit ganz viel Selbstironie gewürzt ist und in der es um (Aber-)Glauben, Verschwörung und den ewigen Kreislauf des Lebens geht.

Das sorgte für ordentlich Beifall! Mitunter ist unter den Zuschauern auch die Familie von Conny Schäfer – Gatte Heiko und die drei Kinder. Robin, (29, mittlerweile verheiratet und selbst Vater), Johanna (23 und Lehramtsstudentin) sowie der 13-jährige Paul. Na klar, alle drei Kinder singen, tanzen und schauspielern und zwar in der Kinderrevue „Petit Souci“, deren Gesangsbereich Conny Schäfer leitet. „Auch darüber bin ich sehr glücklich“ erklärt sie mit einem Lächeln. Traudel Thalheim

Infos: www.dietollkirschen.de

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