Er setzt sich auch in Corona-Zeiten für musikalische Jugendliche in der Region ein: Roland Taffel. Foto: Andreas Neustadt

Hartha. Da sage noch einer, Jugendliche und ältere Menschen leben in völlig verschiedenen Welten, die nicht zusammenpassen. Dass das doch bestens funktioniert, wenn man es wirklich will, zeigt Roland Taffel. Eigentlich ist der 66-Jährige bereits seit einigen Jahren im Ruhestand, doch wegen des Lehrermangels unterrichtet er immer noch 13 Stunden in der Woche in der Pestolozzi-Oberschule Hartha die Fächer Geschichte, Geografie und Ethik und hat nach wie vor jede Menge Spaß dabei. Neben seinem abwechslungsreichen Unterricht begeistert Roland Taffel die Jugendlichen aber vor allem für die Musik.

Als Gründungsmitglied und stellvertretender Vorsitzender des Mittelsächsischen Jugend- und Kulturvereins e.V. (MJV) fördert der begeisterte Hobbymusiker, der in Starbach bei Nossen wohnt, bereits seit Jahren die musikalischen Talente der Region. Den Verein hat er auch in seinen Schulaktivitäten immer wieder als „Brücke für die jugendlichen Aktivitäten“ genutzt. Und das natürlich auch in den aktuellen Corona-Zeiten. Weil das internationale Blues- und Rockfestival in Altzella bei Nossen wie so viele andere Kulturveranstaltungen aus Pandemie-Gründen abgesagt werden musste, sucht Roland Taffel nach Alternativen in kleinerem Rahmen. So sollen unter anderem im Kloster Buch in den kommenden Wochen und Monaten verschiedene kleine Veranstaltungen stattfinden. Auf dem Klostergelände vor den Toren der Stadt Leisnig möchte der engagierte Lehrer auch sogenannte Kultursonntage etablieren. Die Premiere Ende August 2020 war schon einmal äußerst erfolgreich. Hier sollen Nachwuchstalente und gestandene Musiker ihre Musik ebenso präsentieren wie Hobbyschriftsteller ihre selbstgeschriebenen Gedichte und Geschichten. Die Jüngsten sollen zudem mit einem umfangreichen großen Kinderprogramm eingebunden werden. Die Idee hat Roland Taffel aus den Niederlanden. „Dort werden die Menschen in die Vorbereitung von Veranstaltungen traditionell viel mehr eingebunden. In der Stadt Breda findet eine solche Veranstaltung zum Beispiel immer dienstags statt“, berichtet Roland Taffel mit leuchtenden Augen und voller Vorfreude. Auch wenn er inzwischen etwas in die Jahre gekommen ist und das Keyboard- und Klavierspielen gesundheitsbedingt nicht mehr so richtig klappen will, der Tatendrang und die Liebe zum eigenen Musizieren sind nach wie vor riesengroß. Die Gitarre holt er jedenfalls täglich hervor, um ihr ein paar Töne zu entlocken.

Musik hat den gelernten Grundschullehrer, der 1977 in der Oberschule in Choren als Sport- und Geschichtslehrer begonnen hat, übrigens schon immer fasziniert. Bereits als Kind begann er, Klavier zu spielen. Mit 14 kam die Gitarre hinzu. Da dauerte es auch nicht lange, bis er erstmals in einer Band spielte. Der Altkreis Döbeln sei kulturell sehr gut aufgestellt und habe ein unglaublich großes künstlerisches Potenzial, weiß Roland Taffel. Neben der Musikschule Döbeln nennt der 66-Jährige hier auch das Jugendhaus Roßwein und den neuen Kulturbahnhof Leisnig als Beispiele für die Förderung von Nachwuchsmusikerinnen und -musikern. „Auch die verschiedensten Ganztagsangebote (GTA) an den Schulen sollte man diesbezüglich nicht unterschätzen. Die tragen viel zur Entwicklung der Schülerinnen und Schüler bei.“ In Hartha sei in den vergangenen Jahren eine richtig gute Verbindung zwischen Verein, GTA, Schule und Stadt entstanden, die Vieles möglich mache. Bevor Roland Taffel 2004 in die Harthaer Oberschule kam, arbeitete er einige Jahre in der Mittelschule Großbauchlitz. Hier entwickelte der 66-Jährige schrittweise sein eigenes Konzept „Musikarbeit“ und rief unter anderem 1998 die längst weit über die mittelsächsischen Landkreis-Grenzen hinaus bekannte CD-Serie „Rockladen“ ins Leben, um Bands und Musikern aus der Region eine Plattform zu bieten. Vor Kurzem wurde im Rahmen dieser Serie bereits das neunte Album veröffentlicht. „Der Ausgangspunkt des „Rockladen“ war ein Bandcontest in der Sporthalle vor mehr als 400 Besuchern. Das war richtig gut und hat unheimlich viel Spaß gemacht“, erinnert sich Roland Taffel lächelnd.

Während die 1990er Jahre überwiegend von Grunge, Punk und Heavy Metal geprägt waren, stehen bei den Jugendlichen heute eher Rap, Elektro und auch Songwriting im Fokus. Das ist für den Hobbymusiker aber kein Problem. „Als Musiker muss man offen sein für jedes Musikgenre“, weiß Roland Taffel und ergänzt: „Wichtig ist, dass man die Jugendlichen abholt und in die Planung von Veranstaltungen und Projekten einbindet und Pep reinbringt. Die Jugend ist nach wie vor vielseitig interessiert, man muss sich nur mit ihren Interessen beschäftigen, ihnen zuhören und offen sein. Die Jugendlichen können sich über die Musik verwirklichen und vernetzen sich untereinander. Das ist gerade in der aktuellen Corona-Zeit wichtig. Wir haben in den vergangenen Jahren schon sehr viele Menschen zusammengebracht.“ Er empfiehlt den Jugendlichen „alles mitzunehmen, was geht“. Man sehe ja jetzt in der Corona-Krise, wie schnell es geht, dass man plötzlich auf so vieles verzichten muss.

Eine negative Entwicklung hat Roland Taffel in den vergangenen Jahren allerdings bei der Planung von Projekten festgestellt – und das völlig unabhängig von Corona. In den 1990er Jahren war es deutlich einfacher, die nötigen Fördermittel für verschiedene Jugend-Projekte zu akquirieren. „Damals hat der Fördermittelantrag zehn Seiten umfasst, heute sind es ganze 47 Seiten. Damit war es damals auch deutlich einfacher, die Jugendlichen zusammenzubringen. Diese Leichtigkeit vermisse ich heute manchmal“, sagt er. Doch Jammern ist nicht die Sache von Roland Taffel. Er ist ein Macher, der optimistisch nach vorn schaut und immer nach einer Lösung sucht. Das wird bereits nach wenigen Minuten deutlich, wenn man sich mit ihm unterhält. Dass das internationale Blues- und Rockfestival in Altzella zum zweiten Mal hintereinander nicht stattfinden konnte, sei zwar extrem schade, aber leider notwendig. Nun habe man das Festival am 26. und 27. Mai 2022 bereits fest im Blick. Auch für die dann 18. Auflage des weit über die mittelsächsischen Landkreisgrenzen hinaus berühmten Festivals werde man wieder „ein tolles Programm“ zusammenstellen.

Auch Roland Taffel selbst musste in den vergangenen Monaten wegen der Corona-Pandemie natürlich auf einiges verzichten. Ursprünglich wollte er seinen 65. Geburtstag im vergangenen Jahr mit einer großen Party inklusive Live-Musik „mit allen wichtigen Leuten meines Lebens“ feiern. „Diese Party wird natürlich nachgeholt. Ich habe ja hoffentlich noch ein paar Geburtstage.“ Und da ist er wieder, dieser Optimismus und dieses Vorausschauende, das Roland Taffel auszeichnet. Auch er selbst steht nach wie vor regelmäßig auf der Bühne – wenn es Corona zulässt. Vor der Pandemie organisierte er etwa 30 Konzerte im Jahr und absolvierte 20 eigene Live-Auftritte – unter anderem gemeinsam mit Sängerin Marlen Junghanns aus Nossen, mit der er die Band „Schlagerfeuer“ bildet, oder mit Sängerin Tina Ertel (TinaE) und Gitarrist Julian Köhler. Vielseitigkeit ist eine weitere Eigenschaft, mit dem man Roland Taffel charakterisieren kann. Das zeigt schon ein Blick auf seinen Lebenslauf. Der ist nicht nur mit musikalischen Highlights „gepflastert“, sondern unter anderem auch mit sportlichen und politischen. 1977 gründete er den Fußballverein SV Rüsseina, in dem er auch viele Jahre lang Trainer war. Auch die Sportjugend Meißen führte er einige Jahre als Chef an. Von 1990 bis 1999 machte er als stellvertretender Bürgermeister von Rüsseina, einer Ortschaft im Landkreis Meißen und Stadtteil von Nossen, einen Ausflug in die Lokalpolitik. Dieser ist für ihn noch heute „Gold wert“. „Ich durfte in dieser Zeit einige Politiker kennenlernen wie Horst Seehofer oder Theo Waigel. Das hat mir deutlich gemacht, dass man die Politiker nicht einfach nur kritisieren sollte, sondern auch mal etwas länger über Aussagen und Entscheidungen nachdenken sollte. Nicht alle Politiker sind blöd“, sagt er. Um das auch seinen Schülerinnen und Schülern nahezubringen und die jungen Menschen einfach mal hinter die Kulissen der großen Politik schauen zu lassen, fährt er mit seinen Klassen einmal im Jahr in den sächsischen Landtag und in den Bundestag. „Ich vermisse bei vielen Menschen manchmal den Willen zum Verstehen. Das will ich den jungen Menschen einfach weitergeben.“ Andreas Neustadt

Informationen unter www.mjv-online.de

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