Die Fahne der Kommunalgarde Groitzsch ist eine wertvolles Zeugnis der Revolution 1848/49. Foto: Bert Endruszeit

Groitzsch/Dresden. Eine Fahne der Groitzscher Kommunalgarde aus dem Jahr 1848 ist im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden zu sehen. Anlass ist die Sonderausstellung „Krieg Macht Nation – Wie das deutsche Kaiserreich entstand“, die dort noch bis zum 31. Januar 2021 zu sehen ist.

Bewaffnete Formationen von Bürgern in Städten entstanden bereits im ausgehenden Mittelalter. Verschiedene Neuaufstellungen folgten in späteren Jahrhunderten. Einen Aufschwung erlebten städtische Nationalgarden dann kurz vor den Befreiungskriegen von 1813. Im März 1828 verfügte ein königliches Mandat in Sachsen erneut die Errichtung von Bürgergarden. Im Revolutionsjahr 1848 sollte die Kommunalgarde im Land dann erheblich erweitert und verstärkt werden. Deren Mitglieder wurden jedoch häufig als „Soldat spielende Bürger“ von Regierung und Bevölkerung gleichermaßen misstrauisch beäugt. Nach einigem Hin und Her und zunehmender Bedeutungslosigkeit wurden die Kommunalgarden schießlich offiziell am 3. März 1870 aufgelöst.

Die seidene Fahne der Groitzscher Kommunalgarde trägt das Datum „Groitzsch, den 12. November 1848“. An diesem Tag bestimmte die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche die schwarz-rot-goldene Fahne zur Kriegs- und Handelsflagge für den geplanten deutschen Nationalstaat. Auf der Rückseite der Groitzshcer Fahne steht „Durch Eintracht zur Freiheit“.

Bereits seit 1984 befindet sie sich als Dauerleihgabe im heutigen Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden. Damals beschloss der Rat der Stadt Groitzsch, das wertvolle Relikt offiziell dem damaligen Armeemuseum zur Verfügung zu stellen. Im Frühjahr 1984 nahm ein Museumsmitarbeiter die Fahne in Groitzsch in Augenschein. Doch seine Begeisterung dürfte sich in Grenzen gehalten haben – die Fahne war so schlecht erhalten, dass an eine Präsentation im Museum nicht zu denken war. Aus diesem Grund wurde zwischen der Stadt Groitzsch und dem Museum vereinbart, dass das wertvolle textile Relikt auf Kosten des Museums restauriert wird und anschließend auf Dauer in Dresden bleiben kann.

Auf die Fachleute wartete eine Mammutaufgabe: Der Zahn der Zeit hatte buchstäblich an der 168 mal 148 Zentimter großen Fahne genagt. Der Seidenstoff war teilweise schon zerfallen. Offenbar wurde die Fahne immer mal wieder mit Stoffstücken aus Seide und Baumwolle ausgebessert, Stockflecken und Schäden durch starke Lichteinwirkungen verschlimmerten den Zustand. Für die Restaurierung wurde die Fahne komplett zerlegt und vorsichtig gereinigt. Der schwarze Stoff wurde beispielsweise mit einem wässrigen Aufguss aus der Wurzel des Seifenkrautes gewaschen. Mit speziell eingefärbter Seide wurden Fehlstellen repariert, der schwarze Stoff musste schließlich sogar komplett ausgetauscht werden

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Seit 1987 kann die Groitzscher Fahne nun im heutigen Militärhistorischen Museum der Bundeswehr besichtigt werden. Allerdings sind nicht alle Geschichten rund um das wertvolle Exponat bekannt. Vermutet wird, dass die Fahne 1848 von zwei heute unbekannten Handstickerinnen angefertigt wurde. Viel mehr ist jedoch nicht bekannt. „Die Recherchen zur Objektgeschichte sind noch nicht abgeschlossen“, erklärt Katja Protte, Sachgebietsleiterin Kunst am Militärhistorischen Museum der Bundeswehr. Für weitergehende Hinweise sei man deshalb dankbar. Bert Endruszeit

Infos zum Museum unter www.mhmbw.de

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