Annika Winkler in ihrem Element: Eine Bühne für Poledance findet sich überall – doch am liebsten ist sie bei Wettkämpfen am Start, um Titel wie Welt- und Europameisterin zu sammeln. Foto: PF

LEIPZIG. „Für mich ist Poledance einfach der perfekte Sport“, erzählt Annika Winkler mit einem strahlenden Lächeln. Moment mal, Poledance? Ja, längst ist der akrobatische Tanz an der Stange zu einem beliebten Freizeitsport geworden, den man durchaus auch etwas ernsthafter betreiben kann.

Und dies weiß kaum jemand besser als die gebürtige Grimmaerin: Just in diesen Tagen ist Annika Winkler erst aus Spanien zurückgekehrt, von den World Sports Games 2019 und zwar mit dem Sieg in der Tasche. Mal ganz abgesehen davon, dass sie auch schon einen Weltmeister- und Europameistertitel gewinnen konnte und sich gerade darauf vorbereitet, im Oktober in Kanada bei der WM erneut einen Anlauf auf Edelmetall zu starten, in der Altersklasse der Junioren. Ja, Poledance kann auch echter Leistungssport sein.

Neue Herausforderung gesucht

Tja, manchmal kann Fernsehen auch ganz nützlich sein – als Anregung beispielsweise. Denn in einer Tanzshow fand Annika Winkler im Jahr 2015 ihre neue Leidenschaft – beim staunenden Zusehen beim Auftritt von Rania Elle Asami. „Ich suchte damals nach einer neuen Sportart, sozusagen als neue Herausforderung“, erinnert sie sich: „Und nachdem ich diese erste Begegnung mit dem Poledance hatte, bin ich sofort auf die Suche nach entsprechenden Studios in Leipzig gegangen.“ Mit Erfolg: Bei Steffi Klemm fand sie eine neue sportliche Heimat.

Das Bemerkenswerte dabei – die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Nach der ersten Schnupperstunde („Ich war sofort Feuer und Flamme!“) stieg Annika Winkler sofort ins Training ein und stand nach drei Einheiten schon vor der Entscheidung: Wie wäre es mit einem Auftritt bei den Deutschen Meisterschaften 2016?

Akrobatik, Kraft und Ästhetik

Nun, sportlichen Ehrgeiz brachte sie mit. Mit dem Sport ist Annika Winkler gewissermaßen groß geworden, „mit meinen Erfahrungen im Leistungsturnen und in der Akrobatik brachte ich einfach auch die nötigen Voraussetzungen im Körpergefühl und in der Flexibilität mit“. Und zudem erwies sich Poledance auch als genau die richtige Wahl: „Was den Sport für mich so faszinierend macht? Es ist diese Kombination aus ganz vielen Elementen – mit Akrobatik und Kraft, aber auch mit der Ästhetik und dem Spaß, der ja auch dazu gehört.“

Andererseits vernimmt man aber auch mit einem gewissen Erstaunen, auf was man alles achten muss beim Poledance – zumindest, wenn man bei den offiziellen Wettkämpfen der Weltorganisation IPSF starten möchte. Dort dauert ein Auftritt unglaubliche vier Minuten und dies an einer Stange, die satte vier Meter hoch ist und unbedingt auch bis auf den letzten Zentimeter ausgenutzt werden muss. Das Regelwerk, gibt sie mit einem Lächeln zu, ist schon ganz schön dick: „Da steht zum Beispiel drin, dass die Musik zum Auftritt auf gar keinen Fall Gesang haben darf.“

Und dann gibt es noch die Auflistung jener Tricks, die man auch unbedingt zeigen muss: „Um da eine entsprechende Choreografie zusammenzustellen, braucht man schon viel Erfahrung: „Vier Minuten sind eine lange Zeit, wenn man körperliche Höchstleistungen bringen muss. Da ist es beispielsweise wichtig, besonders schwierige Techniken oder jene Tricks, bei denen man mit der Hand guten Grip braucht, möglichst an den Anfang des Auftritts zu legen.“

Wechsel in den Senior-Bereich

Inzwischen ist Annika Winkler auch schon so weit, dass sie auch selbst an den Choreografien arbeitet – in der eigenen ersten ging sie als Kriegerin auf die Bühne, inspiriert vom eigenen Bruder als waschechten Gamer. Eine Geschichte, erzählt sie, müsse man schon erzählen, am besten so, dass auch die Kampfrichter kapieren, um was es geht. Die nächste Herausforderung.

Stichwort Herausforderung: Die größte steht Annika Winkler noch bevor. „Im nächsten Jahr werde ich wohl erst einmal eine Wettkampfpause machen“, überlegt sie: „Dann steht der Wechsel in den Senior-Bereich an – da muss ich mich sicherlich erst einmal anpassen.“ Die vielen Sprünge und Saltos, die dann anstehen, sind bislang nicht so ihr Ding: „Mir liegen eher die Tricks, die viel mit Kraft zu tun haben.“ Es sind solche Tricks wie jene inzwischen schon legendäre Flagge an der Stange, längst ein ikonografisches Bild im Poledance.

Keine Spur von Schmuddel-Image

Denn eines macht Annika Winkler auch klar: Misstrauisch muss man nicht sein gegenüber diesem Sport. Keine Spur von Schmuddel-Image, dafür das Betonen der Vielfältigkeit und der Ästhetik: „Das möchte ich auch möglichst vielen Leuten zeigen.“ Gelegenheiten gab’s darletzt eine Menge – beim Olympiaball oder beim Tag des Sports auf dem Augus­tusplatz. Und einen Tipp hat sie zum Schluss auch noch: „Poledance ist wirklich für jeden etwas – egal, ob Frau oder Mann, ob jung oder älter. Einfach mal ausprobieren, das geht auch ohne große Vorerfahrung.“

J. Wagner

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