Die Bilder von Bernhard Kretzschmar sind für die Kunsthistorikerin ein Ausflug in die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts. Foto: AN

LEIPZIG. „Die Radierung ist keine ausgestorbene Technik. Sie ist auch in der Gegenwartskunst präsent“, erklärt Anke Fröhlich-Schauseil.

Und dass die Radierung in Döbeln eine große Bedeutung hat, zeigt die Ausstellung „Radierte Welten“, die aktuell anlässlich des 130. Geburtstages des gebürtigen Döbelners Bernhard Kretzschmar im Döbelner Stadtmuseum zu sehen ist.

Drei Generationen

Als Kuratorin hat Anke Fröhlich-Schauseil die Ausstellung zusammengestellt – und sich für dieses Jubiläum etwas Besonderes ausgedacht, um dem Döbelner und überregionalen Publikum mehr als nur Kretzschmar zu zeigen. „Die Radierung ist nicht ausgestorben. Wir wollen in dieser Ausstellung zeigen, wo die Ra­dierung seit Bernhard Kretzschmar hingegangen ist. Deshalb haben wir Werke von Claus Weidensdörfer, einem Schüler Kretzschmars, und Markus Retzlaff, einem Schüler von Weidendörfer, in die Ausstellung integriert. So können wir drei Generationen von Radierern in einer Ausstellung gegenüberstellen“, erklärt die 50-Jährige.

Zum zweiten Mal hat die Kunsthistorikerin aus Dresden eine Kretzschmar-Ausstellung in Döbeln kuratiert. „In der ersten großen Kretzschmar-Ausstellung vor fünf Jahren ging es um ‚Kretzschmar und Döbeln‘. Die Ausstellung war ein großer Erfolg.“

Von Döbeln ist Anke Fröhlich-Schauseil sehr angetan, auch wenn sie bislang noch nicht viel von der Stadt gesehen hat. „Ich kenne von Döbeln leider weniger als ich möchte. Für einen Stadtrundgang war bislang noch keine Zeit. Ich hoffe, dass ich es bald schaffe, mich mit meiner Familie hier privat umzusehen und die Stadt zu genießen“, blickt sie voraus. Bislang seien ihre  Döbeln-Besuche sehr arbeitsreich gewesen.

Im Rahmen der Vorbereitungen der aktuellen Ausstellung hat sie gemeinsam mit Museumsleiterin Kathrin Fuchs vor einigen Monaten auch ein Interview mit dem inzwischen 87-jährigen Claus Weidensdörfer geführt. „Dieses Interview war etwas ganz Besonderes. So ein Erlebnis hat man ganz selten. Herr Weidensdörfer ist eine besondere Persönlichkeit.“

Reizvolle Frühromantik

Für Anke Fröhlich-Schauseil ist die Kretzschmar-Ausstellung ein „Ausflug in das 20. Jahrhundert“. Der Forschungsschwerpunkt der Dresdnerin ist normalerweise die bildende Kunst in Sachsen im 18. und 19. Jahrhundert, insbesondere die Landschaftsmalerei. Dabei seien ihr die Werke der Frühromantik „am sympathischsten“ – unter anderem Casper David Friedrich. Bernhard Kretzschmar reize sie dennoch sehr – und das aus gutem Grund: „Man sieht bei Kretzschmar, dass er oft auf historische Bild-Kompositionen und Techniken zurückgreift.“

Die Kunst ist seit ihrer Kindheit im brandenburgischen Schwedt/Oder ein wichtiger Teil im Leben von Anke Fröhlich-Schauseil. Sie erinnert sich mit einem Schmunzeln an ihre „Kunst-Anfänge“: „Ich habe damals die Reproduktionen aus der Frösi gesammelt und nach kunsthistorischen Inhalten sortiert. Da konnte ich mich in andere Welten wegträumen.“ Außerdem seien ihre Eltern oft mit ihr in die großen Museen nach Potsdam und Berlin gefahren. Und natürlich habe sie zu Hause auch „alle Kinderbücher über Kunst gehabt“.

Später absolvierte die leidenschaftliche Kunsthistorikerin ein Studium der Kunstgeschichte und Germanistik an der Universität Leipzig und an der Technischen Universität Dresden, zunächst mit Germanistik im Hauptfach. „Mit Blick auf die Dissertation bin ich dann im Hauptfach zur Kunstgeschichte gewechselt. Über Bücher zu schreiben, war mir dann doch zu wenig“, erinnert sie sich. So schrieb sie ihre Dissertation zur Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Seit ihrem Wissenschaftlichen Volontariat an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe arbeitet Anke Fröhlich-Schauseil als selbstständige Kunsthistorikerin. Eigene Kunst zu schaffen, war für sie nie ein Thema: „Ich habe höchsten Respekt vor Künstlern. Die Kunst selbst auszuüben, würde ich nie wagen.“

Kunst immer ein Thema

Auch in der Familie ist Kunst immer ein Thema. Mit ihrem Ehemann Frank, einem Bildhauer, tauscht sie sich oft über Kunst aus. Auch der neunjährige Sohn Richard kommt an der Kunst nicht vorbei. „Wir schleppen ihn immer mal wieder mit ins Museum“, sagt die Naturliebhaberin lächelnd und ergänzt: „Manchmal spielt er zu Hause sogar Museum.“
Um den Kopf freizubekommen, zieht es Anke Fröhlich-Schauseil in die Natur zum Wandern oder Radfahren. Den Sonntag nutzt die Familie Schauseil zum Akkuaufladen. „Wenn es möglich ist, treffen wir uns mit Freunden auf dem Sportplatz. Die Männer spielen Fußball und die Frauen joggen. Am Nachmittag geht es raus in die Natur.“

Andreas Neustadt

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