Ein Kaffee am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Auch bei Jörg Metzner (l.) und Sascha Kiesewetter gehört der Kaffee zum sonntäglichen Frühstück dazu. Foto: Andreas Neustadt

Leipzig. Man merkt sofort, Jörg Metzner und Sascha Kiesewetter sind aufeinander eingespielt. Nach Belieben werfen sich die beiden Schauspieler die sprachlichen Bälle zu – am Kaffeetisch ebenso wie auf der Bühne der Leipziger Pfeffermühle. Beispiel gefällig? „Der Schauspieler ist der Bäcker, der Kabarettist der Konditor“, zitiert Sascha Kiesewetter auf die Frage nach den Besonderheiten eines Kabarettisten einen anderen Kollegen, bevor Jörg Metzner ergänzt: „Kabarett ist Nahkampfunterhaltung! Wir gehen den Leuten praktisch hautnah auf den Senkel. Das ist schon eine ganz besondere Form der Unterhaltung.“

Aktuell kann man die beiden selbstständigen Schauspieler mit zwei Programmen in der Leipziger Pfeffermühle erleben. Bei „Herricht & Preil – KesselALARM … es war nicht allen schlecht“ schlüpft das Duo in die Rollen der legendären DDR-Komiker Rolf Herricht und Hans-Joachim Preil. Dabei ist Jörg Metzner als Rolf Herricht zu erleben und Sascha Kiesewetter verkörpert Hans-Joachim Preil. Mit dem Programm ist das Duo seit drei Jahren unterwegs, davon etwa einmal im Monat in der Pfeffermühle.

„Bei Herricht & Preil darf man ganz befreit lachen, weil die beiden so liebenswert sind. In diesem Programm menschelt es einfach“, versucht Jörg Metzner eine Erklärung für die große Beliebtheit von Rolf Herricht und Hans-Joachim Preil zu finden. Bei solchen Legenden sei es aber tatsächlich nicht immer einfach, auch die eingefleischten Fans zu überzeugen. „Herricht & Preil“ sind eine große Herausforderung – auch wegen der Schnelligkeit der Dialoge. Da muss man sich unheimlich konzentrieren und sehr deutlich sprechen“, ergänzt Sascha Kiesewetter: „Wir bekommen überwiegend gutes Feedback, aber es gibt natürlich auch schon mal die eine oder andere E-Mail von Herricht- &Preil-Fans, die mit unserem Programm nicht so einverstanden sind.“ Inzwischen haben die beiden begeisterten Schauspieler mehr als 100 Mal gemeinsam die beiden Komiker auf die Bühne gebracht – und das längst nicht nur in der Pfeffermühle.

„Jede Veranstaltung ist anders. Das hängt natürlich auch immer vom Publikum ab. Wichtig ist, dass man nah an den Leuten dran ist“, sagt Jörg Metzner: „Unsere Aufgabe ist es dabei, das Eis beim Publikum zu brechen. Das gelingt meistens, aber leider nicht immer. Wenn man dann spürt, dass die Leute nicht zuhören, ist das echt unangenehm.“ Auch solche Vorstellungen hat das Duo schon erlebt – und „irgendwie gemeistert“.

Jörg Metzner und Sascha Kiesewetter kennen sich bereits seit vielen Jahren. Schon vor Herricht & Preil spielten sie gemeinsam in verschiedenen Inszenierungen. Jörg Metzner erinnert sich an die gemeinsamen Herricht&Preil-Anfänge: „Ich habe das Programm vorher mit einem anderen Kollegen gespielt. Auf der Suche nach einem Nachfolger bin ich dann schnell auf Sascha gekommen, weil ich wusste, was er kann.“ Die Generalprobe fand dann am 29. September 2017 statt. Und während Jörg zuvor schon Kabarett-Erfahrung bei den Academixern sammeln konnte, war das Kabarett für Sascha echtes Neuland. „Kabarett ist etwas anderes als Theater. Wichtig ist vor allem, dass man dem Publikum Pausen gönnt, um die Sketche auch richtig wirken zu lassen. Das ist gar nicht so einfach, aber die langjährigen Erfahrungen haben uns bei ’Herricht & Preil’ sehr geholfen.“ Ein Jahr nach der Herricht&Preil-Premiere standen beide gemeinsam mit Rebekka Köbernick und Marcus Ludwig erstmals im Programm „Provinzredaktion“ auf der Bühne der Leipziger Pfeffermühle.

„Das Programm hat dann für uns gleich mit einem echten Marathon mit fünf Vorstellungen an zwei Tagen zum Jahresende 2018 begonnen“, erinnert sich Sascha, als wäre es gestern gewesen: „Am 30. Dezember haben wir zweimal gespielt, am Silvestertag sogar dreimal.“ Natürlich gibt es auch bei Jörg Metzner und Sascha Kiesewetter mal den einen oder anderen Streit – übrigens genau, wie bei den Original-Komikern. „Wichtig ist, dass man in der Lage ist, sich nach einer Meinungsverschiedenheit wieder zu vertragen.“ Auch abseits der Bühne gibt es bei den beiden immer etwas zu bereden.

Schließlich blicken sie auch gern mal über den schauspielerischen Tellerrand hinaus. Politik oder das aktuelle Geschehen rund um die Corona-Pandemie sind in privaten Gesprächen ebenso Themen wie familiäre Ereignisse oder alltägliche Sorgen.

Als erfahrene freie Schauspieler haben sich Jörg Metzner und Sascha Kiesewetter in den vergangenen Jahren mehrere Standbeine aufgebaut. Eine Tatsache, die sich vor allem in der aktuellen Corona-Zeit als echter Segen erweist.

Während Jörg noch verschiedene andere Theater- und Kabarett-Projekte hat, ist Sascha unter anderem noch als Tonmann für verschiedene Fernsehdrehs und als Entertainer im Freizeitpark Belantis aktiv.

„Corona ist noch nicht vorbei! Wir dürfen zwar seit einigen Wochen wieder spielen, aber die Leute haben einfach immer noch Angst, sich unbeschwert zu amüsieren. Nach wie vor werden viele Vorstellungen abgesagt. Neue Termine zu finden, ist derzeit ziemlich aussichtslos.Wir hoffen, dass nach der Urlaubszeit wieder mehr Leute kommen“, sind sich beide einig. Allerdings sei bei beiden auch weiterhin die Angst vor der sogenannten zweiten Welle durchaus präsent.

„Wenn die zweite Welle kommt, trifft es wieder zuerst die Künstler und Veranstalter.“ Ohnehin besteht das Leben eines freien Schauspielers nicht nur aus Bühnen-Auftritten und Applaus. „Die Bühne ist nur die Kirsche auf der Torte. Der größte Teil unserer Arbeit besteht aus Akquise, Werbung, Proben und vor allem fahren. Ich bin unzählige Stunden unterwegs, um von A nach B zu kommen“, gibt Jörg einen Einblick in sein Schauspieler-Leben.

Im Frühjahr, als coronabedingt zwei Monate lang „gar nichts mehr ging“, hatten beide Schauspieler jede Menge Zeit für ihre Familien. Jörg, den es vor einigen Jahren der Liebe wegen nach Dresden zog, kümmerte sich um seine Frau und seine beiden Töchter. Sascha hatte Zeit für seine Freundin und seine kleine Tochter. „Natürlich ist es schön, auch mal mehr Zeit für die Familie und Hobbys zu haben. Aber irgendwann vermisst man die Arbeit. Dazu kam die finanzielle Ungewissheit“, sagt er rückwirkend. Stichwort Kinder: Was ist eigentlich, wenn die Kinder eines Tages in die Fußstapfen des Papas treten und auch Schauspieler werden wollen? Würden beide gerade auch im Hinblick auf die aktuelle Unsicherheit diesen Wunsch unterstützen? Auch bei dieser Frage spielen sich beide wieder gekonnt den Ball zu.

„Ich würde meinen Kindern niemals raten, Schauspieler zu werden, aber ich würde sie beraten und unterstützen“, sagt Jörg Metzner, dessen ältere Tochter sich gegen die Schauspielerei und für ein Medizinstudium entschieden hat – sehr zur Freude des stolzen Papas. Auch Sascha Kiesewetter, dessen Vater ebenfalls Schauspieler ist, würde seiner vierjährigen Tochter später bei der Berufswahl freie Hand lassen. „Man kann seine Kinder nicht davor beschützen, Schauspieler zu werden. Wenn sie es unbedingt wollen, machen sie es von ganz allein. Mein Vater hat mir damals nicht empfohlen, in seine Fußstapfen zu treten. Jetzt findet er gut, was ich mache.“

Sein Vater nahm ihn als Kind regelmäßig ins Synchronstudio mit. Diese Arbeit habe ihn von Anfang an sehr fasziniert. Zum Schluss räumen Jörg Metzner und Sascha Kiesewetter noch mit einem hartnäckigen Vorurteil auf: „Das Kabarettisten und Komiker immer lustig sind, stimmt nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Oft beschäftigen sich gerade Komiker mit der Ernsthaftigkeit“, sind sich die beiden Schauspieler einig. Ein anderes Branchen-Klischee kann das Duo aber durchaus bestätigen. „Bei privaten Familienfeiern ist man immer gefragt, wenn es um das Kulturprogramm geht – getreu dem Motto: „Spiel doch mal was! Du machst doch den ganzen Tag nichts anderes! Das ist aber nicht immer schön“, plaudert Jörg Metzner aus dem privaten Nähkästchen.

Doch weil die Familie auch zu den größten Kritikern gehört, bekommt diese auch oft verschiedene Sketche als Erstes zu sehen – so war es auch bei der Generalprobe des Herricht&Preil-Programms. Andreas Neustadt

Das nächste Mal sind Jörg Metzner und Sascha Kiesewetter mit ihrem Herricht&Preil-Programm am 6. September, 19 Uhr, in der Leipziger Pfeffermühle (Katharinenstraße 17) zu erleben. Die „Provinzredaktion“ läuft das nächste Mal am 10. September, 20 Uhr. Am 13. September steht Jörg Metzner erstmals mit seinem neuen Programm „Rumpelkammer“ auf der Bühne des Leipziger Central Kabaretts. Die Premiere startet um 19.30 Uhr.

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