Das heutige Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek (Foto) am Deutschen Platz hatte seine Räume einst im repräsentativen Buchhändlerhaus im Graphischen Viertel. In der Nacht zum 4. Dezember 1943 verlor es dort neun Zehntel seiner Bestände. Foto: Andreas Schmidt/LTM

Am 4. Dezember jährt sich die Zerstörung des Graphischen Viertels in Leipzig zum 75. Mal. Damals wurde das Zentrum des deutschen Buchgewerbes in knapp zwei Stunden von Spreng- und Brandbomben in Schutt und Asche gelegt.

Mehr als 1800 Menschen starben in dieser Nacht, 114 000 Leipziger wurden obdachlos, 15 000 Gebäude getroffen. Die größten Verlagshäuser – unter ihnen der F. A. Brockhaus Verlag, der Verlag Philipp Reclam jun. und Breitkopf & Härtel, der älteste Musikverlag der Welt – brannten aus und mit ihnen geschätzt 50 Millionen Bücher. Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum (DBSM), ältestes Buchmuseum der Welt, war eine Ruine, der Sitz des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zerstört, die Deutsche Bücherei schwer getroffen: Leipzig büßte mit dem alliierten Bombenangriff seinen jahrhundertealten Ruf als „Buchstadt“, den bereits der Erste Weltkrieg gründlich erschüttert hatte, endgültig ein.

Digitale Karte mit einstigen Firmenstandorten

Den 75. Jahrestag der Bombardierung des Graphischen Viertels nimmt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek (DBSM) zum Anlass, mit zwei Projekten an die Zerstörung zu erinnern. Zum einen stellt das Museum eines der wenigen Objekte, die Anfang Dezember 1943 mit Schmauchspuren aus der Asche des Buchhändlerhauses geborgen werden konnten, ins Zentrum einer Installation: Es handelt sich um einen mehrere hundert Kilogramm schweren Granitstein mit etwa 3000 Jahre alten chinesischen Schriftzeichen.

Die sogenannte Steintrommel, deren Absplitterungen und Brandspuren noch heute von der Zerstörung zeugen, steht Anfang Dezember im Fokus eines Kongresses in Frankfurt am Main, der unter anderem die Zusammenarbeit mit Online-Communities, Museen, Archiven, Verlagen und Hochschulen fördern möchte. Die Steintrommel steht in diesem Kontext für ein herausragendes Beispiel einer überaus reichen, interdisziplinären Wissenswelt, die sich im Brennglas eines einzigen Objektes bündelt. Ab Anfang 2019 steht das Exponat, ergänzt um vielfältige Erläuterungen, wieder in der Dauerausstellung des DBSM in Leipzig.

Das zweite Projekt beschäftigt sich mit einem Rückblick auf Leipzig als der „Hauptstadt des Buches“ am Anfang des 20. Jahrhunderts. Dazu wurden 2200 Firmenstandorte des Graphischen Viertels aus dem Leipziger Adressbuch von 1913 in eine Datenbank übertragen. In Kooperation mit dem Amt für Geoinformation und Bodenordnung, Abteilung Digitale Kartographie der Stadt Leipzig sind diese Daten für die Darstellung auf einer digitalen Karte aufbereitet worden. Zum Jahrestag der Zerstörung des Buchhändlerviertels wird die Karte auf www.leipzig.de freigeschaltet. PM/red.

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