Das Abenteuer geht weiter: Die "Reise zum Mittelpunkt der Erde" wird wieder am Biedermeierstrand aufgeführt. Foto: Maximilian Zwiener

Die Familie Zwiener ist eine sehr große und vor allem musikalische Familie. Da hat jeder – von Eltern, Tante und Onkel, über Cousin und Cousine, Neffen und Nichten bis hin zu Schwager und Schwägerin – irgendwas mit der Kunstgattung zu tun. Die Bandbreite reicht von Musiklehrerinnen und Musiklehrern, Orchestermitgliedern, Chorsängerinnen und Chorsängern, Chorleitern und Artisten.

Musikalischer Kosmos

Wer also bei Familie Zwiener aufwächst, mit Mozart und Bolero beschallt wird, wird zwangsläufig in diesen Kosmos hineingezogen. Und so verwundert es nicht, dass auch Maximilian Zwiener, der sich lieber kurz Max nennt, im Alter von sechs Jahren anfängt, Klavierunterricht zu nehmen. Wie sein Zwillingsbruder Florian. Ganz klassisch.

„Mein Vater hat Schlagzeug unterrichtet, das war nichts für mich und meinen Bruder, und Flöte oder Gitarre fand ich damals zu ein-tönig“, erzählt der heute 36-Jährige, der im idyllischen Dörfchen Priester bei Krostitz aufwuchs, und betont: „Es hatte aber nichts mit Zwang zu tun. Bei der einen Familie ist das Kind früh im Fußballverein aktiv und bei anderen ist es eben die musikalische Früherziehung.“

Maximilian Zwiener hat für die „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ seine erste komplette Musicalkomposition geschrieben. Foto: privat
Maximilian Zwiener hat für die „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ seine erste komplette Musicalkomposition geschrieben. Foto: privat

Ganz nebenbei vertieften sich die beiden Jungs im Tonstudio ihres Vaters in die Knöpfe, Tasten und Regler, experimentierten mit Klängen, Tönen und der Sprache, nahmen erste kleine Beiträge auf. Mit 13 Jahren entstand die „Flori & Max-Show“ – eine Musik-Entertainment-Show, mit der die Brüder durch Thüringen und Sachsen tourten und auf Märkten, in Kitas und vor Senioren auftraten. „Ein Zauberer führte durch das Programm und Flori und ich bauten einen bunten musikalischen Rahmen drum herum“, beschreibt er die Produktion.

Leidenschaft fürs Audiovisuelle

Jedoch war für Max Zwiener die Musik bis dato nur ein Hobby. Seinen Lebensunterhalt wollte er auf andere Weise verdienen. Denn mit der Zeit entwickelte sich bei ihm die Leidenschaft fürs Audiovisuelle. Und so sammelte er erste Erfahrungen im Drehen von Kurzfilmen. In Weimar begann er 2009 Mediengestaltung zu studieren. „Mein erster Kurzfilm war der Kinderspielfilm ‚Ballons am Fenster‘. Dabei kam die Frage auf, wer denn die Musik dazu macht“, berichte er. Er traute es sich zu und übernahm diesen Part selbst. „Das war meine erste eigene Komposition.“

Das sprach sich schnell unter den Kommilitonen und Lehrkräften herum, sodass er weitere Vertonungs- und Kompositionsaufträge übernahm. Dafür stellte er sich auch technisch besser auf, kaufte sich Studio- und Recording-Equipment.

2014 machte er an der Bauhaus-Universität Weimar den Bachelor of Fine Arts im Fach „Mediengestaltung“, 2017 folgte der Master of ­Fine Arts in „Medienkunst/Mediengestaltung“. Seitdem arbeitet er freischaffend und vertont Kurzfilme, Animationen, Trailer, Installationen und Ausstellungen, gibt Workshops zur Stop Motion Animation, dreht Musikvideos für Bands und arbeitet in der Print- und Onlinemediengestaltung. „Damit bin ich breiter aufgestellt und kann vieles in ­Personalunion anbieten.“

Musik mit Gefühl

Bereut hat er es nie, dass er keine klassische Musikausbildung genossen hat. „Ich glaube, es gibt nicht nur den einen Weg, sondern viele Wege führen nach Rom“, sagt Max Zwiener, der heute in Leipzig lebt. „Und vielleicht hat mich mein Weg auch freier im Kopf gemacht, sodass ich mehr nach Gefühl statt starren theoretischen Vorgaben agieren kann“, meint er. Letztlich habe das immer zu sehr guten Ergebnissen geführt.

Was seinen Stil auszeichnet ist das eben genannte Gefühl. „Ich habe einen Hang zum Romantischen und zum Verspielten“, gibt er zu. Seine Arrangements klingen selten wie die eines Hans Zimmers, dessen Musik als episch und monumental beschrieben wird. „Ich gehe da eher in die Richtung eines Danny Elfman, Tim Burtons Stammkomponist, oder Alan Menken, der berühmte Disney-Klassiker vertont hat.“

„Wenn ich das Stück über Nacht liegen lasse, am nächsten Tag rein höre und eine Gänsehaut bekomme, dann weiß ich, dass es passt.“

Was Max Zwiener komponiert, könne man nachfühlen. „Ich gehe da ganz egoistisch an die Sache ran und frage mich: Was braucht es, um mich als ­Zuhörer zu fesseln? Welche Emotion möchte ich spüren“, beschreibt er. „Dafür bringe ich viel kindliches Staunen mit in meine Musik und möchte damit das Publikum im wahrsten Sinne des Wortes verzaubern.“ Für zwei Stunden sollen sie ihrem Alltag entfliehen, in eine andere Welt eintauchen und sich ganz in der Musik verlieren. Damit sei er bislang sehr gut gefahren – vielleicht, weil der Mensch genau das braucht, einmal loslassen und frei sein, sich Zeit für Gefühle und zum Träumen nehmen.

Alles beginnt am Klavier

Bei den Kompositionen führt sein erster Weg ans Klavier. „Ich baue mir eine Art Klaviergerüst, bringe Harmonie und Melodie zusammen, sodass sich Strophen und Refrain herauskristallisieren oder das eben klanglich zum Text passt“, beschreibt er den Prozess. Funktioniert das und ist die Musik eingängig und sofort verständlich, arrangiert er alles weitere dazu – legt eine Basslinie drunter, baut instrumentale Zwischenspiele ein.

Klingt einfach, doch der Schaffensprozess erstreckt sich über mehrere Wochen. „Die komplette Musik für die ‚Reise zum Mittelpunkt der Erde‘ habe ich über zwei Jahre hinweg geschrieben.“

Durch die verschiedenen Aufträge wird es Max Zwiener nie langweilig. „Kein Stück ist wie das letzte und ich kann mich jedes Mal neu überraschen.“ Sein Indikator dafür, ob es gut wird: „Wenn ich das Stück über Nacht liegen lasse, am nächsten Tag rein höre und eine Gänsehaut bekomme, dann weiß ich, dass es passt.“

Hinter der Bühne zu Hause

2018 ging er noch einen Schritt weiter und übernahm die künstlerische Leitung des Musik- und Theaterfördervereins Priester. Hier spielen seit 1998 bis zu 80 Personen im Alter von 4 bis 75 Jahren, von denen die meisten längst nicht mehr nur aus dem Gründungsort Priester stammen, gemeinsam Theater. Mit nunmehr elf Produktionen sorgt das Laienensemble für ­lustige, überraschende, rasante, opulente, skurrile, fiktive, fantastische, herzerwärmende, dramatische und auch bildgewaltige Momente beim Publikum.

Dass Max Zwiener diesen Part einmal übernimmt, ist für ihn bis heute noch surreal. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal in die Fußstapfen meines Vaters treten werde.“ Denn dieser hat den Verein damals aufgebaut. Es sei ein schleichender Prozess gewesen. „Anfangs habe ich mal eine Probe übernommen, wenn er nicht konnte.

Daraus wurden ­immer mehr und irgendwann kamen andere organisatorische Dinge dazu und eben auch das Komponieren von Musik“, erzählt er. So habe er in der Produktion „Geister der Weihnacht“ Musikstücke ausgetauscht und neu hinzugeschrieben und für „Oliver Twist“ gleich mehrheitlich eigene Arrangements eingebracht.

Herausforderung verbunden mit Spaß

Seither gehört neben der Regiearbeit und des Schreibens der Musik auch viel Organisatorisches dazu. „Ich plane das Probenjahr, den Probenablauf, die Aufführungen, halte Kontakt zu den Mitgliedern und zu den einzelnen Gewerken und habe auch für alle ein offenes Ohr“, zählt Max Zwiener auf. Gerade letzteres sei ihm sehr wichtig. „Ich bin ein empfindsamer Mensch. Ich kann zuhören und möchte, dass sich jeder wohlfühlt – im Miteinander und in seinen Rollen auf und hinter der Bühne.“

Vor sieben Jahren hat er die künstlerischeLeitung des Musik- und Theaterfördervereins Priester übernommen. Foto: privat
Vor sieben Jahren hat er die künstlerische
Leitung des Musik- und Theaterfördervereins Priester übernommen. Foto: privat

Profitieren kann das Ensemble auch von seiner lockeren und freundlichen Art. „Ich bin meistens gut drauf, habe selten Mal einen Tag, an dem ich mit dem falschen Bein aufstehe. Und ich kann die Menschen begeistern und motivieren. Wir haben immer viel Spaß bei den Proben.“ Zudem gehört noch zu seinen Aufgaben, die Stücke des Vereins nach außen zu tragen. „Das heißt, ich produziere Trailer, Plakate und Content für die Social-Media-Kanäle.“

Die Leitung sei für ihn aber auch eine Herausforderung. „Es ist schon belastend, eine Probe anzusetzen und es hagelt Absagen. Es ist immer eine Gratwanderung zwischen dem, was ich erwarten kann und dem, was die Mitglieder an Freiraum brauchen, denn es ist letztlich ein Hobby für alle“, sagt er.

„Reise zum Mittelpunkt der Erde“ am Biedermeierstrand

Zum dritten Mal ist das Musical „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ im August am Biedermeierstrand erlebbar. Für Max Zwiener schon eine kleine Erfolgsgeschichte. „Das Stück bietet für ­jeden etwas: ein gewaltiges Bühnenbild vor dem einzigartigen Seepanorama des Schladitzer Sees, zauberhafte Kostüme, ausgefeilte Choreografien und zu Herzen gehende Musik.“

In diesem Jahr dürfen die ­Gäste auf neue Effekte, neue Projektionen und neue Kostüme gespannt sein. „Hier warten auch viele kleine Details, die auf dem ersten Blick nicht sofort auffallen, aber das Ganze erst zu diesem temporeichen Stück verbinden.“

Aufgeregt ist er trotz aller Routine auch in diesem Jahr wieder. „Ich hoffe immer, dass alles glatt geht, alle Einsätze stimmen, die Abläufe sitzen, nichts Unvorhergesehenes passiert.“ Es sei ja alles live. „Aber wir freuen uns alle, dass es endlich wieder losgeht und wir zeigen können, was wir können.“ Denn für Max Zwiener steht fest: „Was wir hier auf die Beine stellen, geht weit über das Niveau eines Laienensembles ­hinaus.“ Warum also in die Ferne reisen, um ein Stage-Musical zu sehen, wenn es so etwas gleich vor der Haustür gibt?

Auch wenn es die „Reise“ auch noch ein viertes und fünftes Mal am Strand zu erleben gibt. Familie Zwiener sucht schon nach dem nächsten Coup für die Seekulisse in Hayna. Nannette Hoffmann

Aufführungen der „Reise zum Mittelpunkt der Erde“: 15., 16., 22., 23. und 30. August, jeweils 20 Uhr

Karten gibt es unter www.biedermeierstrand.de

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