Gisela und Peter Mitdank haben Angst, dass die Österreichischen Schwarzkiefern bei Sturm auf ihr Haus fallen. Fotos: PICTURE POINT/Kerstin Dölitzsch

Es waren nur ein paar unscheinbare Samenkerne, die sich Gisela (77) und Peter (77) Mitdank von ihrem ersten Auslandsurlaub 1970 aus Ungarn mitbrachten. Sie züchteten aus ihnen zwei schöne Schwarzkiefern, die sie stolz vor das neue Reihenhaus pflanzten. Doch 48 Jahre später wachsen sie den Leipzigern über den Kopf.

Das Ehepaar hat einen grünen Daumen. Im Garten gedeihen Kiwis und Zitronen, Kaffeebäume und Lorbeerbüsche. Oft haben Gisela und Peter Mitdank Samen und Ableger von seltenen Gewächsen im Gepäck, wenn sie aus dem Urlaub zurückkommen. So auch 1970, als sie mit ihrem hellblauen Trabi eine Tour durch Ungarn machten. Im botanischen Garten in Sárvár bekamen sie Samen der Österreichischen Schwarzkiefer geschenkt. „Mein Mann schaffte es, aus ihm innerhalb weniger Jahre Bäumchen zu ziehen“, erinnert sich Gisela Mitdank.

Mitte der 1970er-Jahre bauten die Leipziger ein Reihenhäuschen. Immer wieder wurden sie dabei von der Stadt gebeten, auch die bis dahin graue Siedlungsstraße zu begrünen. So pflanzten die Hobbygärtner zwei Schwarzkiefern vor das Haus. „Im Laufe der Jahre entwickelten sie sich zu einer wahren Augenweide“, schwärmt Peter Mitdank. Sie wurden der botanische Blockbuster in der Umgebung.

Die umsichtigen Siedler hegten und pflegten die Bäume mit den dichten schirmförmigen Kronen, kehrten regelmäßig die bis zu 15 Zentimeter langen Nadeln und Zapfen zusammen. Doch die Mitbringsel aus Ungarn wachsen und wachsen. Sie können bis zu 800 Jahre alt werden. „Die Bäume sind rund zehn Meter hoch und werfen dermaßen viele Nadeln und Zapfen ab, dass sie rundherum Dachrinnen und Abwasserkanäle verstopfen“, stöhnt der Hausbesitzer.

Da die mächtigen Nadelbäume auf städtischem Grund stehen, bat der Verzweifelte das zuständige Amt darum, sie selbst zu fällen zu dürfen und mehrere als Ersatz zu pflanzen. Auf eigene Kosten. „Aber das Amt für Stadtgrün und Gewässer wiegelte ab und meinte, so alte Bäume müssten stehen bleiben und stellten keine Gefahr dar“, erzählt Peter Mitdank und ergänzt: „Immerhin wurden sie ab und zu mal verschnitten, doch das ändert nichts am Problem. Wir zittern bei jedem Sturm, haben Angst, dass die Nadelbäume uns und den Nachbarn aufs Haus fallen könnten.“

Rund 13 Jahre dauert nun schon die Baumposse zwischen den Mitdanks und der Stadt. Die Schreiben füllen inzwischen einen ganzen Ordner. So ist aus dem gutgemeinten Gastgeschenk des botanischen Gartens Sárvár in Ungarn eine immer weiter wachsende Bedrohung für die zwei Sachsen geworden. „Wahrscheinlich reagiert die Stadt erst, wenn etwas passiert“, mutmaßt Peter Mitdank und widmet sich wieder seinen kleineren Gewächsen im Garten.

Thomas Gillmeister

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