Fotograf Manfred Pippig spendierte dem Kreismuseum Grimma Fotos aus seinen Kindheitstagen. Selbst für ihn sind die historischen Bilder heute noch amüsant. Foto: Thomas Kube
Fotograf Manfred Pippig spendierte dem Kreismuseum Grimma Fotos aus seinen Kindheitstagen. Selbst für ihn sind die historischen Bilder heute noch amüsant. Foto: Thomas Kube

Seit 23. Juli ist im Kreismuseum Grimma eine neue Sonderausstellung zu sehen. Die Präsentation lädt ein zu einer Zeitreise, an die fast jeder Besucher manchmal wehmütige oder traurige, aber oft wundervolle Erinnerungen hat: die Kindheit. Der Lebensalltag heutiger Kinder ist vor allem durch Spiel, Spaß und Lernen geprägt. Das dies nicht immer so war, veranschaulicht die Ausstellung Kindheit in Grimma und spannt dabei den Bogen von der Zeit des Kaiserreichs bis hin zum Nationalsozialismus und zur DDR.

Kinder galten lange Zeit als unreife, unfertige, aber vor allem untergeordnete Wesen, deren Willen und Wünsche von Erwachsenen als belanglos gesehen wurden. Im 18. Jahrhundert erkannte man erstmals in der Kindheit eine eigene Lebensperiode, die gegenüber Normen und Traditionen der Erwachsenen ihren eigenen Wert hatte. Kindheit wurde hier nicht nur „entdeckt“, sondern als Konstrukt überhaupt erst entworfen. Ab dem 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Bereich Bildung und Ausbildung gesellschaftlich neu gestaltet und ausgebaut. Die Sozialisation des Kindes ist ein zentrales Thema gesellschaftlicher Aufgaben geworden.

Einführung der allgemeinen Schulpflicht in Sachsen

Die Erziehung der Kinder war mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht in Sachsen im 18. Jahrhundert, spätestens aber durch das Volksschulgesetz von 1835 auf das Lernen außerhalb der Familie erweitert worden. Es existierten dafür in Grimma die Knaben-, Mädchen-, Real-, Ober- und Bürgerschule sowie die höhere Töchterschule, an denen Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen, Landeskunde und Geschichte unterrichtet wurde.

Manfred Pippig mit seinen beiden Schwestern und Mutter beim Sonntagsausflug auf der Mulde.
Manfred Pippig mit seinen beiden Schwestern und Mutter beim Sonntagsausflug auf der Mulde.

In der Zeit des Nationalsozialismus kam der Jugend eine besondere Rolle zu. Sie sollte auf ihre künftigen Pflichten vorbereitet werden. Wie in den anderen Bereichen der Gesellschaft, so sollten nun auch alle Kinder und Jugendlichen im Sinne des Nationalsozialismus beeinflusst werden. Die ideologische Umgestaltung des Schulunterrichts wurde verstärkt, im Mittelpunkt standen „gesinnungsbildende“ Fächer wie Deutsch und Geschichte. Im Sport sollten die Kinder „körperlich ertüchtigt“ werden.

Lebensalltag von Kindern in der DDR

Der Lebensalltag von Kindern in der DDR ist in erhöhtem Maße durch Erziehungs- und Bildungseinrichtungen geprägt. Den Kindertagesstätten wurde von staatlicher Seite ein hoher Stellenwert beigemessen. Sie waren Teil des politischen und ideologischen Bildungs- und Erziehungskonzepts und stellten aufgrund des höheren Bedarfs an erwerbstätigen Frauen eine Notwendigkeit dar. Seit Beginn der 1950er und verstärkt Mitte der 1960er Jahre wurden Kinderkrippen, Kindergärten und Schulhorte errichtet.

Grimmas Fährmann Franz Gröschel mit Grimmaer Kindern. Unter ihnen auch Manfred Pippig mit seinen Schwestern Marianne und Brigitte.
Grimmas Fährmann Franz Gröschel mit Grimmaer Kindern. Unter ihnen auch Manfred Pippig mit seinen Schwestern Marianne und Brigitte.

Für die Präsentation lieferte der Grimmaer Fotograf Manfred Pippig seine eigenen Kindheitserinnerungen mit dem entsprechenden Fotomaterial und seinen bis heute aufbewahrten Spielsachen. Manfred Pippigs Vater war ebenfalls Fotograf und hat demzufolge auch im privaten Umfeld viel fotografiert. Anhand von Fotos werden Erinnerungen wach gehalten, so dass es dem Leihgeber nicht allzu schwer fiel, kleine Berichte zu verfassen.

Manfred Pippig wurde mitten im 2. Weltkrieg geboren

Manfred Pippig wurde mitten im 2. Weltkrieg geboren. Seine Erinnerungen reichen bis ans Ende der 40er-Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Es waren die schweren Nachkriegsjahre, die von Lebensmittelknappheit, Kohlenmangel und Entbehrungen gekennzeichnet waren. Aber das waren nicht die Sorgen eines Kindes. So enthalten die Berichte heitere Episoden und widerspiegeln die Liebe zur Heimat.

In der Ausstellung wird der Lebensalltag der Kinder in den unterschiedlichen Zeiten mit vielen Fotos, Kinderkleidung, beeindruckenden persönlichen Erinnerungen, aber vor allem anhand von Spielzeug anschaulich illustriert. Taufkleidung und Taufbriefe erinnern an Traditionen aus der frühesten Kindheit. Spezifisches Spielzeug für Mädchen wie Puppen und Puppenstubenmöbeln werden ebenso gezeigt wie typisches Spielzeug für Jungen wie Holzbaukästen, Zinnsoldaten, Säbel und vor allem ein Kürass, ein metallener Brustpanzer, für Kinder. Auch eine Gärtnerei aus Blech lässt sicher heute noch Kinderherzen höher schlagen.

Vielleicht fallen dem einen oder anderen Grimmaer noch kleine berichtenswerte Episoden aus ihrer Kindheit ein? Auch wenn diese dann nicht mehr in der Ausstellung Platz finden werden, so sind sie doch erst einmal für die Nachwelt festgehalten. Das Gästebuch des Museums kann ebenfalls gern mit Geschichten gefüllt werden.

Die Sonderausstellung ist bis zum 12. November in der Paul-Gerhard-Straße 43 in Grimma zu sehen. Weitere Infos https://museum-grimma.de

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