Norbert Alt hat sein Herz an die sanften Vierbeiner verloren. Foto: Gina Apitz
Norbert Alt hat sein Herz an die sanften Vierbeiner verloren. Foto: Gina Apitz

Seine Nase ist warm und flauschig. Shadow lernt neue Menschen auf eine ganz besondere Weise kennen. Berührungsängste kennt er nicht. Stattdessen schnuppert der Hengst vorsichtig am Gesicht seines Gegenübers. Nasenküsschen mit einem Alpaka – eine wirklich schöne Begrüßung. „Er geht ganz nah ran und riecht, wer das ist”, erklärt Norbert Alt, der heute auf seinen Alpakahof bei Grimma eingeladen hat.

Alpaka-Hengst Shadow verteilt zur Begrüßung gern Nasenküsschen. Foto: Gina Apitz
Alpaka-Hengst Shadow verteilt zur Begrüßung gern Nasenküsschen. Foto: Gina Apitz

Der Fachmann züchtet die Tiere seit 22 Jahren – und erinnert mit seinem Cowboyhut, kurzärmeligem Hemd und Jeans ein wenig an einen Westernhelden. Statt für Pferde schlägt das Herz das 66-Jährigen schon lange für die Kleinkamele, von denen mehr als 30 auf dem Hof leben. Sie stehen auf verschiedenen Koppeln, die sie gleichmäßig abfressen. „Alpakas sind super Rasenmäher”, betont Alt. „Sie fressen das Gras sauberer ab als Schafe.” Außerdem bekommen die Tiere Heu und Pellets und fressen auch Blätter von Bäumen.

Tiere sind gechipt und haben einen Pass

Hengste und Wallache werden getrennt von den Stuten und ihren Fohlen gehalten. „Jedes Tier hat einen Namen, einen Chip und einen Pass”, betont Alt. Seine Alpakas sind allesamt zahm und lassen sich streicheln. Es fällt schwer, die sanftmütigen Vierbeiner mit den großen Kulleraugen nicht zu mögen. „Schau einem Alpaka niemals in die Augen, du könntest dich verlieben”, sagt Norbert Alt und lächelt.

Nur Kuscheln reicht für die Pflege der Tiere aber naturgemäß nicht aus. Ställe ausmisten, füttern, Klauen verschneiden, Zähne kontrollieren und einmal pro Jahr das Fell scheren – all das übernimmt Norbert Alt. Hilfe bekommt er dabei von seinem erwachsenen Sohn, der die Tiere von klein auf kennt. Erst kürzlich wurde ein Teil der Herde geschoren.

„Alpakas sind super Rasenmäher. Sie fressen das Gras sauberer ab als Schafe.”

Die Wolle reicht Norbert Alt an einen Verein weiter, der diese nach Farbe und Qualität sortiert und an eine Spinnerei im Erzgebirge übermittelt. Nach etwa einem Jahr bekommt der Züchter die gesponnene Wolle zurück. Sie wird auf Märkten verkauft, ein Teil geht an eine Bettenfirma aus Görlitz, die damit Decken und Kissen befüllt. Zwei Bekannte von Norbert Alt stricken aus der Alpaka-wolle außerdem Socken.

Die Tiere leben normalerweise in den südamerikanischen Anden. Mit Kälte kommen sie deshalb gut klar. An heißen Sommertagen aber bleiben sie tagsüber lieber im Stall und kommen erst abends raus auf die Weide. Alle Ställe sind offen, das heißt, die Alpakas können jederzeit raus auf ihre Weide. Bekannte haben Norbert Alt geraten, vorsichtig zu sein wegen umherstreifender Wölfe, die für die Tiere gefährlich sein könnten. Bisher hatte er damit aber keine Probleme, erklärt der Züchter. Außerdem vertraut er seinem Wachhund, einem Deutschen Schäferhund, der schon anschlägt, wenn ein Dachs oder Marder übers Grundstück huscht.

Keine Alpakawanderungen in Grimma

Die immer beliebter werdenden Alpakawanderungen bietet Norbert Alt nicht an. Um zu einem geeigneten Weg in der Natur zu gelangen, müsste er die Tiere erst einen Kilometer entlang der Straße laufen lassen und das will er nicht. Stattdessen führt der Züchter Interessierte gern über seinen Hof. Oft klopfen Großeltern mit ihren Enkeln oder ganze Schulklassen bei ihm an.

Die Mini-Kamele sind sehr neugierig. Foto: Gina Apitz
Die Mini-Kamele sind sehr neugierig. Foto: Gina Apitz

Die Besucher können die Alpakas streicheln und füttern und lernen so die Herde kennen. Die Führungen enden meistens auf der überdachten Terasse mit kleinem Garten. Dort lässt Alt seine Schützlinge dann frei um die Gäste herumlaufen. „Das ist wie im Zoo nur ohne Scheibe”, sagt er. „Wenn die Leute ein, zwei Stunden mit den Tieren zusammen sind, sagen viele, das entspanne sie”, berichtet Alt. „Die Alpakas strahlen so eine Ruhe aus.”

Alpakas als Therapietiere

Genau deshalb sind die Vierbeiner auch als Therapietiere im Einsatz. Norbert Alt fährt mit seinen Alpakas ab und an in Einrichtungen für behinderte Menschen oder in Pflegeheime. „Die älteren Menschen dort hatten in ihrem Leben alle Kontakt mit Tieren”, sagt er. Wenn sie seine Alpakas dann streicheln und die weiche Wolle spüren, ruft das häufig Erinnerungen wach. Manchen Bewohnern kommen dabei die Tränen.

Dass die Tiere durchaus auch mal verärgert sein können, zeigt ein Besuch bei den Fohlen. Norbert Alt steht jetzt einer Gruppe von zehn Jungtieren, alle ein oder zwei Jahre alt, gegenüber. Nach der Geburt bleiben die kleinen Alpakas mindestens sechs Monate bei der Mutter. Dann werden sie eine Weile getrennt gehalten. Viele neugierige Köpfe recken sich in seine Richtung. Eines der Alpakas schaut Norbert Alt an – und spuckt dann unvermittelt in seine Richtung. „Kleiner Scheißer” ruft der Züchter und lacht. Auch Alpakas können frech sein.

Alpakas für Hochzeiten buchen

In der Regel aber sind die Vierbeiner sozial sehr verträglich. Man kann sie für Veranstaltungen buchen. Auf Hochzeiten tragen sie sogar eine Fliege. Auf einer der nächsten Trauungen bringen seine Alpakas dem Brautpaar sogar die Ringe, sie baumeln an einem Band um ihre Hälse. Bei solchen Events wird Norbert Alt oft von seiner Partnerin Birgit Steinbach begleitet.

uch im Werbespot des Obi-Baumarkts machen die Muldentalalpakas eine gute Figur. Foto: privat
Auch im Werbespot des Obi-Baumarkts machen die Muldentalalpakas eine gute Figur.
Foto: privat

Anfragen dafür flattern regelmäßig bei ihm ein. Hochzeiten mit Alpakas sind beliebt. Bei einer Trauung stellte der Standesbeamte gerade die entscheidende Ja-Wort-Frage, als eines der Alpakas sein typisches „Mmmmm”- Geräusch von sich gab – und die Antwort der Braut damit vorwegnahm. „Die Ernsthaftigkeit der Situation war dahin, aber es kam gut an”, erzählt Norbert Alt und grinst.

Der Grimmaer zeigt seine Lieblinge nicht nur auf Märkten und Messen in der Region, wo sie meistens ein Besuchermagnet sind. Einige der Alpakas wurden schon für diverse Videoclips angefragt. So ist Hengst Condor in einer Obi-Werbung zu sehen, bei der er in einem Blumenbeet steht und genüsslich die Blüten zerkaut. Für die Dreharbeiten fuhr Alt mit seinem Schützling ins Studio nach Berlin. Blumen fressen musste Condor nicht. Alle Pflanzen waren künstlich.

Tiere im Musikvideo zu sehen

Zwei seiner Alpakas sind außerdem im Musikvideo zum Song „Billigwein” des Schweizer Rappers Monet192 zu sehen. In dem Clip liegt ein Tier nach einer durchzechten Partynacht im Bett. Das andere steht neben dem Rapper und guckt in die Kamera. Einige der jüngsten Folgen der MDR-Serie Tierärztin Dr. Mertens wurden gleich komplett auf dem Alpakahof in Grimma gedreht.

 

Mit 14 Lkw und 15 Autos rückte die 40-köpfige Filmcrew vor zwei Jahren an und verwandelte den Hof eine Woche lang in ein Filmset. „Mit denen sind wir wunderbar ausgekommen”, blickt Alt zurück. Alle hätten viel Rücksicht auf die Tiere genommen und sie zu nichts gedrängt. Ende Juni wird es wieder voll auf dem Alpakahof. Dann rückt die MDR-Crew erneut an und dreht neue Folgen der Tierarztserie – mit tatkräftiger Unterstützung der flauschigen Vierbeiner.

Zucht-Idee kam durchs Fernsehen

Neben den Alpakas leben auf dem Hof noch ein Wachhund, drei Hühner, ein Hahn und vier Katzen. Norbert Alts Eltern hielten zu DDR-Zeiten auf dem Grundstück Schafe und verkauften deren Wolle. „Nach der Wende wollte niemand mehr Schafwolle haben”, sagt der ­66-Jährige. Es stellte sich die Frage, wie die Weiden künftig genutzt werden können – und fand die Antwort damals in einer Fernsehsendung über Alpakas. Er fuhr zu dem Züchter aus dem Beitrag, ließ sich alles zeigen – und verliebte sich sofort in die Tiere.

Norbert Alt züchtet seit 22 Jahren Alpakas auf seinem Hof im Grimmaer Orsteil Großbardau. Foto: Gina Apitz
Norbert Alt züchtet seit 22 Jahren Alpakas auf seinem Hof im Grimmaer Orsteil Großbardau. Foto: Gina Apitz

Mit zwei Stuten baute er seine Zucht auf. „Die ersten zehn Jahre waren absolute Hungerjahre”, erinnert er sich. Niemand kannte Alpakas, die Wolle war nicht beliebt. Erst beim Tag der Sachsen in Grimma 2008 stießen die Tiere erstmals auf ein größeres Interesse. Heute werde die Qualität der Wolle anders bewertet und stärker nachgefragt. Und: „Alpaka ist in”, hat Alt festgestellt. Einige Leute stellen sich heute zwei, drei Tiere in den Garten. Anders als Schafe verärgern sie die Nachbarn nicht mit lautem Geblöke. Alpakas sind leise Tiere.

Für Norbert Alt, der viele Jahre als Programmierer in der Industrie arbeitete, waren die Kleinkamele stets nur ein Nebenerwerb. Heute ist er Rentner und opfert einen Großteil seiner Freizeit für die Pflege der Tiere. Größer werden soll die Herde nicht. Alt hofft, dass sein Sohn das Ganze irgendwann weiterführt. Denn auch er ist den Kulleraugen der Alpakas längst verfallen.

Hoffest am 25. August

Am 25. August findet von 11 bis 18 Uhr das große Alpakahofffest in Großbardau statt. Die Besucher erwarten Informationen und Produkte über und von Alpakas, eine große Falknershow mit Straußenfütterung und kulinarische Spezialitäten. Diverse Händler und Handwerker präsentieren sich und es gibt weitere Überraschungen für alle Gäste. Der Eintritt kostet drei Euro, Kinder bis 12 Jahre sind frei. Gina Apitz

Weitere Infos und Anfragen für Hofführungen sind möglich unter www.muldental-alpakas.de

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