Dr. Susanne Richter, Direktorin des Museums für Druckkunst im Gespräch mit Georges Wenger an seinem Linolschnitt “Geäst-Wirrwarr” als Metapher für die aktuelle Lage in dieser Welt. Foto: Traudel Thalheim
Dr. Susanne Richter, Direktorin des Museums für Druckkunst im Gespräch mit Georges Wenger an seinem Linolschnitt “Geäst-Wirrwarr” als Metapher für die aktuelle Lage in dieser Welt. Foto: Traudel Thalheim

Leipzig. Was steht bei einem Schweizer am Sonntag auf dem Frühstückstisch? Georges Wenger aus Neunkirch im Kanton Schaffhausen lacht und erzählt von dem in seiner Heimat sehr beliebten Butterzopf, der natürlich auch bei ihm sonntags nie fehle. Dazu komme selbst gemachte Quitten-Konfitüre, ein drei Minuten Ei, Käse, Butter, Birchermüsli, Obst, Kaffee oder Tee, je nach Laune und viel Zeit. „Denn ich genieße diesen Vormittag immer und immer wieder ausgiebig.“ Unter der Woche habe das Frühstück keinen besonderen Stellenwert. Da warte das Atelier. Auch wieder hier in Leipzig.

Ausstellungen und Workshops auf der ganzen Welt

Seit Wochen führt ihn sein Weg in die Nonnenstraße. In das Museum für Druckkunst. Hier arbeitet er an einem großformatigen Linolschnitt, komponiert ein Geäst-Wirrwarr als Metapher für die aktuelle Lage in dieser Welt. Ab und an schaut Dr. Susanne Richter, die Direktorin des Museums, dem Künstler über die Schulter, freut sich, dass er wieder im Museum wirkt und lobt sein sehr konzentriertes Arbeiten. „Ich kenne Herrn Wenger seit etwa zehn Jahren. Er ist ein charmanter, sehr eindrucksvoller Künstler, dessen Linolschnitte einen besonderen Reiz atmen, beim Betrachter eine unglaubliche Tiefenwirkung hinterlassen“ sagt sie über ihn, den Typografen und Grafikdesigner, der auch neue, individuelle Werkzeuge für bestimmte Strukturen entwickelte.

Der Schweizer Typograf und Grafikdesigner ist ein international sehr bekannter Künstler, der immer mal wieder gern im Leipziger Druckkunstmuseum arbeitet. Foto: Traudel Thalheim
Der Schweizer Typograf und Grafikdesigner ist ein international sehr bekannter Künstler, der immer mal wieder gern im Leipziger Druckkunstmuseum arbeitet. Foto: Traudel Thalheim

Georges Wenger erhielt viele Auszeichnungen. So einen ersten Preis der internationalen Biennale für Miniatur-Radierungen in New York. Er war Gastprofessor an der Hochschule für Kunst und angewandte Wissenschaften in Hamburg, veranstaltete Workshops, unternahm immer wieder Studienreisen auch mit längeren Aufenthalten in Südostasien, Japan, Hawaii, San Francisco, Kuba, Kalkutta, Honolulu, Paris, London. Er hatte bisher an die 30 Einzelausstellungen von Zürich über New York, Caracas, Kuba, Iran, London bis hin nach Tokio, war bei unzähligen weiteren internationalen Präsentationen dabei und schwärmt noch heute von der japanischen Handwerkskunst, dem Gespür, der Leidenschaft, die, so meint er „wohl ansteckend war.“

In und um Leipzig „verwunschene“ Orte entdeckt

„Die Natur ist meine Inspirationsquelle in all ihrer Vielfalt und beeindruckt mich immer wieder aufs Neue. Wenn ich an die Gegend um Lydford Gorge Forest in den westlichen Ausläufern des Dartmoors, einer der ausgedehnten Wildnisse Englands denke, an die Marmorsteinbrüche von Carrara in der Toskana, an den Pinienwald bei Pisa und all die anderen Orte in der Welt, sie alle bilden den Ursprung meines Schaffens“ betont der Schweizer, der auch in und um Leipzig schon „verwunschene“ Orte entdeckte. Und überhaupt ein großes Kompliment den Leipzigern für ihre Freundlichkeit und Offenheit ausspricht. „Ich genieße die friedliche Atmosphäre in den Parks und Weilern, das Bootfahren auf den Kanälen, den Blick von der Könneritzbrücke auf Leipzigs Kleinvenedig, erfreue mich an der gelungenen Bau-Symbiose“, sagt er und lobt die rücksichtsvolle Fahrweise der Autofahrer gegenüber den Radlern. Dies und noch viel mehr über Leipzig werde er seiner Tochter Karin erzählen, Auslandskorrespondentin beim Schweizer Fernsehen, die momentan aus Bangkok berichtet und Ende Juli Heimatferien machen wird.

Zwei Schweizer – eine Freude: sich bei der Vernissage im Leipziger Museum für Druckkunst zu treffen. Während Sebastian Utzni (links) aus Zürich mit seinem imposanten Holzschnitt „Mandalas“ anreiste und damit ebenfalls die Ausstellung verschönert, komponiert Georges Wenger neben seinen ausgestellten Kunstwerken seit Wochen einen großformatigen Linolschnitt. Beide sind sich einig: das Leipziger Museum für Druckkunst ist spitze. Foto: Traudel Thalheim
Zwei Schweizer – eine Freude: sich bei der Vernissage im Leipziger Museum für Druckkunst zu treffen. Während Sebastian Utzni (links) aus Zürich mit seinem imposanten Holzschnitt „Mandalas“ anreiste und damit ebenfalls die Ausstellung verschönert, komponiert Georges Wenger neben seinen ausgestellten Kunstwerken seit Wochen einen großformatigen Linolschnitt. Beide sind sich einig: das Leipziger Museum für Druckkunst ist spitze. Foto: Traudel Thalheim

Ausstellung in Leipizg noch bis zum 12. September 2021

Und noch ein schönes Erlebnis nimmt Georges Wenger von Leipzig Mitte Juli mit in seine Heimat. Die Wiedersehensfreude mit Künstlerkolleginnen und Kollegen aus Deutschland, Niederlande und der Schweiz während der kürzlich erfolgten Ausstellungseröffnung im Museum für Druckkunst zum Motto: 37 Künstler und Künstlerinnen, drei Länder – eine Drucktechnik! Zu den 150 Werken gehört auch sein Linolschnitt „Pineta di Migliarino San Rossore, Massaciuccoli,“ der 2017 entstand. Die Ausstellung, an zwei Orten in Leipzig, also in der Nonnenstraße 38 und der Lützner Straße 85 lädt bis zum 12. September ein. Traudel Thalheim