Ihre Kunstwerke erinnern an gefrorenes Glas: Anett Tanger. Foto: PICTURE POINT/Kerstin Dölitzsch

Ihre Fantasiewerke sehen aus, als hätten Schnee, Eis und Kälte ganze Arbeit geleistet. Doch hinter der Kunst steckt kein Naturschauspiel. Im Atelier von Anett Tanger rieselt leise das Glaspulver. Dabei lässt sie es zu traumhaften Unikaten verschmelzen.

Sie hat einen Blick für die Urkräfte der Natur und beobachtet gern das Zusammenspiel von Wasser, Wind und Wellen. Das konnte sie bisher an recht magischen Orten. Mehrere Jahre lebte die gebürtige Leipzigerin auf der Insel Rügen. Außerdem ist sie als Golfreisen-Veranstalterin regelmäßig an asiatischen Küsten unterwegs. Nun kehrte sie zu ihren sächsischen Wurzeln zurück. Dabei zog sie nicht nur mit ihren persönlichen Sachen um, sondern auch mit einem historischen Atelier aus dem berühmten niedersächsischen Künstlerdorf Worpswede. Mit ihm begann für Anett Tanger vor rund zehn Jahren ein Abenteuer.

„Ich erbte die gesamte Werkstatt einer bekannten Glaskünstlerin“, erzählt die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen. „Sie war damals für mich wie ein einziges Wunderland“, erinnert sie sich. Doch sie wollte das Atelier mit dem jahrzehntealten tonnenschweren Brennofen nicht nur konservieren, sondern wiederbeleben. So entdeckte Anett Tanger mit Mitte 40 die Glaswelt, lernte sie in zahlreichen Workshops besser kennen und vor allem zu beherrschen. „Glas hat eine ganz eigene Faszination“, schwärmt die Künstlerin. „Es ist so zerbrechlich und verzeiht keinen Fehler.“ Sie experimentierte und spürte dabei, wie sie immer sicherer und kreativer wurde.

Inzwischen bevorzugt sie Glasgranulat. Aus diesem fertigt sie zarte und himmlisch hinreißende Hingucker, die an gefrorenes Glas erinnern. Außerdem spezialisierte sie sich auf eine ganz irdische Erinnerung für die Ewigkeit: Babyfüße und -hände aus Glas. „Auf sie bin ich durch meine zwei Enkel gekommen“, denkt Anett Tanger zurück. „Als ich sie sah, hatte ich die Idee, jeweils einen Abdruck der Hand und des Fußes zu nehmen und mit Spezialglas in Form zu gießen“, erklärt die ausgeglichene Künstlerin.

Mittlerweile haben sich die geschliffenen und polierten lebensechten Glasskulpturen zu einem echten Geheimtipp entwickelt. Aber an alle Ungeduldigen: Rund sechs Wochen dauert die schöne Schöpfung, da allein schon das Abkühlen des bis auf 850 Grad erhitzten Glases mehrere Tage dauert.

Apropos Zeit. Weil im Arbeits-Alltag von Anett Tanger oft Termindruck herrscht, genießt sie nach Feierabend in ihrem neuen Leipziger Atelier das meditative Spiel mit dem Glas, bei dem sie ihre Naturbeobachtungen aus aller Welt natürlich mit einfließen lässt.

Kontakt: www.glasatelier28.de

Thomas Gillmeister

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