Sie hat ihre Fanheimat bei den christlichen Holy Bulls gefunden: Sandra Schäffer-Bochinski. Foto: PICTURE POINT/Kerstin Dölitzsch

Über Fußball und Fairness wird viel geredet. Sandra Schäffer-Bochinski (36) handelt. Als Mitglied vom christlichen RB-Fanklub „Holy Bulls“ begleitet die Leipzigerin bei Auswärtsspielen behinderte Fans und kümmert sich liebevoll um sie.

Vor einem RB-Heimspiel kommt Sandra gern für ein paar Minuten zur Ruhe. Sie geht dann in die kleine Stadion-Kapelle „Gloria“. Dort bleibt der Lärm draußen vor der Tür. Hinter ihr lauscht sie zusammen mit anderen Fans der traditionellen Andacht. Gemeinsam wird gebetet, gesungen und gefachsimpelt über Gott und den Fußball. Der Grundtenor dabei: ein fairer und friedlicher Umgang auf dem Rasen und den Rängen. Dafür steht der RB-Fanklub „Holy Bulls“ – einer von 13 christlichen Fanklubs der Bundesliga. Sandra zeigt auch danach im Stadion, wohin sie gehört. Auf dem Schal leuchten rot auf weißem Grund die Worte Gloria, Fidelitas, Gratia. „Ehre, Treue und Freundschaft lauten unsere drei Botschaften“, erzählt der Fan.

Für Sandra sind das keine Lippenbekenntnisse. Sie praktiziert Nächstenliebe. Immer wenn RB auswärts spielt, begleitet sie als Kümmerin im Bus die Fans mit Handicaps. Uneigennützig. Für die Mutter von vierjährigen Zwillingen ist das ein Herzensbedürfnis. Sie wird dabei von Ehemann Thomas (39) unterstützt, der in der Zeit daheim die zwei Söhne versorgt. Sandra hilft beispielsweise Rollstuhlfahrern beim Ein- und Aussteigen in den Bus und begleitet sie ins Stadion. Dabei entstanden schon herzliche Fan-Freundschaften, wie die zu Andrea (58). Ihre Beine sind spastisch gelähmt. „Zwischen Andrea und mir stimmte sofort die Chemie“, erinnert sich Sandra. „Wir können uns beide stundenlang unterhalten. Und nicht nur über Fußball.“ Überhaupt mag die Fanklubabgesandte die gute Stimmung im Bus. „Wir sind inzwischen schon eine Familie“, schwärmt die gelernte Einzelhandelskauffrau.

Gern erzählt sie erlebte Episoden später bei den regelmäßigen Treffs im RB-Fanklub „Holy Bulls“, der mittlerweile rund 250 Mitglieder hat. Unabhängig vom Glauben ist dort jeder gern gesehen, der die Grundsätze des Klubs mitträgt und -lebt. Vor über einem Jahr verwandelten die Mitglieder am Stadion mehrere Räume in eine moderne Kapelle und ließen sie einsegnen. Seitdem finden unter der Fan-Fahne mit dem mittelalterlichen Tatzenkreuz regelmäßig Andachten, Lesungen und Fantreffen statt. „Das Kreuz ist das Wappen des Templerordens“, bemerkt Olaf Olschewski (53). „So wie einst die christlichen Templer Pilger und Pilgerwege schützten, so achten, ehren und verteidigen wir den familiären, friedlichen und bunten Charakter der RB-Fangemeinde“, erklärt das Holy-Bulls-Gründungsmitglied.

Am häufigsten besucht ist die Kapelle „Gloria“ vor den Heimspielen. Und manch ein Fan träumt davon, dass dort künftig auch mal ein Spieler vorbeischaut. Übrigens nicht nur einer von der eigenen Mannschaft, sondern auch von der Gast-Elf. Fair eben.

Kontakt: www.holybulls.de

Thomas Gillmeister

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