Fertig ausgebildete Nachbarschaftshelfer. Foto: Soziokulturelles Zentrum Delitzsch
Fertig ausgebildete Nachbarschaftshelfer. Foto: Soziokulturelles Zentrum Delitzsch

André Nestler ist im Ruhestand. Der 65-Jährige ist fit, gesund und hat ein Ziel: ältere Menschen zu unterstützen, die Hilfe benötigen, und deren Leben ein bisschen besser zu gestalten. „Ich sehe es als meine Pflicht an, mich sozial zu engagieren“, sagt er. Deshalb ist er seit April einer von 48 Nachbarschaftshelfern des Soziokulturellen Zentrums (SKZ) in Delitzsch.

Seit 2018 gibt es das Projekt Nachbarschaftshelfer und seitdem ist das SKZ auch anerkannte Nachbarschaftskontaktstelle. „Als Kontaktstelle ist es nicht nur unsere Aufgabe die Nachbarschaftshelfer und Alltagsbegleiter zu organisieren und mit hilfesuchenden Senioren zusammenzubringen“, sagt Nicole Nadler, Netzwerkkoordinatorin. „Sondern auch allgemein Ansprechpartner für ältere Menschen und deren Angehörige in allen Fragen zu sein.“

Dank eines großen Netzwerkes und guten Kontakten zu Ämtern und Institutionen sowie Vereinen und Pflegediensten kann Nicole Nadler genau die Hilfe heraussuchen, die speziell benötigt wird. „Zudem realisieren wir Vorträge und Austauschtreffen, um aufzuklären und zu informieren – über neue Regelungen, aber auch Themen, die Senioren interessieren“, berichtet sie.

Wirksame Unterstützung

„Solange man kann, kann man auch Hilfe leisten und so der Gesellschaft auch etwas zurückgeben“, findet André Nestler. Auf die Idee ist er gekommen, da seine Frau selbst einen Nachbarschaftshelfer an ihrer Seite hat. „Ich finde das Projekt klasse und sehe aus eigener Erfahrung, was das bewirken kann. Daher habe ich mich beim SKZ beworben und meinen Grundkurs absolviert.“

Aufgabe eines Nachbarschaftshelfer ist es, pflegebedürftige Senioren im Alltag zu begleiten und zu unterstützen. „Und zwar in Form gemeinsamer Aktivitäten wie zum Beispiel spazieren gehen oder beim Einkaufen helfen“, erklärt Nicole Nadler. „Es geht auch darum, den Senioren Zeit, Aufmerksam und vor allem Freude zu schenken.“ Das heißt, die Nachbarschaftshelfer schauen, was die Senioren individuell brauchen. Das können auch gemeinsame Gespräche sein oder ein Spielnachmittag.

„Gleichzeitig bedeutet diese Hilfe eine Entlastung für die Angehörigen, die in dieser Zeit einfach mal durchatmen und sich um sich selbst kümmern können“, so die Netzwerkkoordinatorin. Nicht unter die Unterstützung fallen pflegerische Maßnahmen „und die Nachbarschaftshelfer sind auch keine Putz- oder Reinigungskräfte“, betont Nicole Nadler. Das sei durch den Gesetzgeber so geregelt.

Unterschied zwischen beiden

Da sich der Nachbarschaftshelfer um Senioren mit Pflegegrad kümmert, ist es Voraussetzung einen Grundkurz zu absolvieren und aller drei Jahre einen Aufbaukurs. Dabei geht es um Basiswissen zu Krankheits- und Behinderungsbildern, zu gesetzlichen Regelungen und praktische Hinweise für die Tätigkeit. „Diesen Kurs benötigen unsere Alltagsbegleiter nicht“, erklärt Sven Kasubek, Vorstandsvorsitzender des SKZ.

„Alltagsbegleiter übernehmen dieselben Aufgaben wie die Nachbarschaftshelfer: Sie geben kleine Hilfestellungen, aktivieren vorhandene Kompetenzen und stärken durch gemeinsame Aktivitäten die Mobilität“, erklärt er. Einziger Unterschied ist, dass die Senioren mindestens 60 Jahre alt sein müssen und keinen Pflegegrad besitzen dürfen.

Kurs zum Nachbarschaftshelfer

Aber das SKZ ermuntert die Alltagsbegleiter gleichzeitig den Kurs zum Nachbarschaftshelfer zu absolvieren. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es manches Mal sehr schnell gehen kann und Senioren einen Pflegegrad beantragen müssen. Dann könnte der Alltagsbegleiter nicht mehr vorbeikommen. Aber ist das Vertrauen einmal da, ist es doch schön, wenn die beiden weiter zusammenarbeiten können“, ist Nicole Nadler überzeugt.

Zudem kann das SKZ jetzt diesen Kurs zum Nachbarschaftshelfer auch selbst anbieten – zusätzlich mit der Zulassung für Sachsen-Anhalt. „Das war uns besonders wichtig, da wir ja in der Nähe einige Orte in Sachsen-Anhalt haben. Diese können wir jetzt auch abdecken“, freut sich Sven Kasubek.

Derzeit sind im Soziokulturellen Zentrum 8 Alltagsbegleiter aktiv. Ihnen gegenüber stehen 15 Senioren, die betreut werden. Nachbarschaftshelfer gibt es derzeit 48 und 43 zu betreuende Senioren. „Eine der jüngsten unserer Helfer ist 24 Jahre alt, die älteste ist Mitte 70“, sagt Sven Kasubek. Das zeigt, es ist egal wie alt man ist, engagieren könne sich jeder ab 18 Jahren.

Gemeinsamer Austausch

Einmal im Monat bietet das SKZ eine offene Austauschrunde an. Immer am letzten Dienstag im Monat können sich Angehörige und Hilfesuchende treffen, gemeinsam ins Gespräch kommen, sich über die eigene Situation und die Erfahrung anderer austauschen und über Unterstützungsmöglichkeiten informieren.

Am 7. November startet ein neues Veranstaltungsformat: der Selbsthilfe-Brunch. „Jeder, der Hilfe benötigt, kann vorbeikommen sich mit Gleichgesinnten austauschen“, erklärt Sven Kasubek. Manchmal sei es einfach gut zu wissen, dass man nicht alleine ist.

Einmal im Vierteljahr gibt es ein Treffen aller Alltagsbegleiter und Nachbarschaftshelfer – ebenso zum Austausch untereinander und um über neue Gesetze oder Vorschriften zu informieren.

Den Tag der Nachbarn im Mai nutzt das SKZ auch um ihren ehrenamtlichen Aktiven Danke zu sagen. „Wir erhalten immer positive Rückmeldungen von unseren Senioren und wie wichtig diese Unterstützung für sie ist“, sagt Nicole Nadler. Sie sehe auch einen wachsenden Bedarf. „Wir bekommen immer wieder Anfragen. Aber wir wissen auch, dass es noch mehr Menschen gibt, die Hilfe benötigen. Daher kann ich nur appellieren, sich bei uns zu melden. Wir finden eine ­Lösung.“ Nannette Hoffmann

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