Ein großer Moment: Gotthard Dittrich wird mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Foto: Nikolai Schmidt
Ein großer Moment: Gotthard Dittrich wird mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Foto: Nikolai Schmidt

Dreimal im Jahr holt er seinen vor 35 Jahren gekauften Wolga – wunderbar schwarz lackiert, dazu schmucke rote Sitzbezüge – aus der Garage. Und zwar am 29. März zu seinem Geburtstag, außerdem am 1. Mai und zu guter Letzt zu Himmelfahrt. Dann fährt Gotthard Dittrich mit dem guten Stück und mit Freunden in die Natur, genießt die Ruhe und Gelassenheit. Kurz gesagt: Er freut sich so, als falle Ostern und Weihnachten auf einen Tag.

Und dann muss er wieder warten auf diese für ihn besonderen Tage, ein Jahr ganzes Jahr lang. Wobei das Wort „warten“ eigentlich kaum zum Dittrich’schen Sprachschatz gehört. Dem umtriebigen Diplomingenieur und Diplomökonom, der seit dem Jahr 1984 in Altenburg wohnte und immer mit der Leipziger Messe zu tun hatte. Doch dann kam ein großer Moment, jener als Deutschland wieder eins wurde: Er hatte die Idee, auch in Leipzig eine solche Rahnschule zu schaffen, so wie er sie einst in Nienburg absolviert hatte.

Tatendrang als Lebensmotto

Und weil Tatendrang immer genau sein Ding war, gründete Gotthard Dittrich kurzerhand eine gemeinnützige Schulgesellschaft namens Rahn Education – damals noch mit der Familie Rahn – übernahm kurzerhand die Geschäftsführung und eröffnete am 1. September 1997 seine erster Freie Grundschule in der Kochstraße im Süden Leipzigs. Der Name Clara Schumann war schnell gefunden. Einfach deshalb, weil er das Wirken von Clara Schumann als Unternehmerin, Pianistin und Mutter als Vorbild sah und obendrein als Kultur-und Kunstkenner die Musik der Schumanns verehrte.

Ein Hauskauf erwies sich als Berufung

Das sollte noch Bedeutung gewinnen. Jahre später, als er für seine Bildungseinrichtung ein Haus in der Inselstraße erwarb. „Als wir das denkmalgeschützte Haus kauften, um nach Rekonstruktion eine Grundschule mit musikalischer Ausrichtung zu eröffnen, wussten wir nicht, dass einst in ihm die weltberühmten Künstler Schumann ihr Zuhause hatten“, erzählt Gotthard Dittrich. Und davon, welche Freude diese Nachricht auslöste und auch davon, welcher Aufwand in der Folgezeit betrieben wurde, um die Wohnräume Schumanns und das Arbeitszimmer originalgetreu wieder herzustellen.

Denn dieses Haus in der Inselstraße ist ein authentischer Ort in der Leipziger Musikgeschichte – und diesen Hauch spürt man nur zu gut: Im einstigen Arbeitszimmer – heute ein Museum – findet sich ein Originalschriftstück, ein von Clara Schumann eigenhändig hergestelltes Albumblatt „Zwei Takte aus dem fröhlichen Landmann“ vom Juni 1857. Ein Dokument, das Gotthard Dittrich dem Museum schenkte.

Nimmt zum Kaffee am Thalheim'schen Küchentisch Platz: Gotthard Dittrich. Foto: Traudel Thalheim

Nimmt zum Kaffee am Thalheim’schen Küchentisch Platz: Gotthard Dittrich.
Foto: Traudel Thalheim

Hoch erfreut ist er auch darüber, wie sich der im Jahr 1999 gegründete Schumann-Verein ins Zeug legt mit Lesungen, Treffen und Konzerten – und dabei viele Menschen begeistert: So strich unter anderem der weltberühmte chinesische Pianist Lang Lang über die Tasten des Original-Flügels von Clara Schumann. Ach ja: Dass der Verein stark von der Rahn Group finanziell unterstützt wird, verschweigt Gotthard Dittrich gern mal – wie überhaupt er immer erst mal abwehrt, wenn von seinem großen sozial-kulturellem Engagement gesprochen wird.

Eine Stiftung, die so viele Projekte unterstützt

Dabei gibt es da so viel zu erzählen: Über die Europäische Stiftung für Bildung und Kultur beispielsweise, die am 3. August 2008 von seiner vor einem Jahr verstorbenen Mutter Anneliese Ruppelt-Dittrich gegründete wurde und die der Unterstützung des Projekts der Deutsch-Polnischen Bildungsbrücke und damit der Förderung von Versöhnung und Frieden zwischen beiden Ländern dient. „Das war und ist uns als Wissenschafts-und Lehreinrichtung ein Bedürfnis“, fügt er an

Wie sehr ihm persönlich dies am Herzen liegt, zeigt eine Geschichte: Einst erfuhr Gotthard Dittrich, das am Leipziger Markt ansässige Polnische Institut müsse wegen erhöhter Mietforderung ausziehen. Kurzerhand mietete er die gesamte erste Etage des Gebäudes, verlegte dorthin die Geschäftsstelle seiner Stiftung und rettete so auch das Polnische Institut. Und damit einen beliebten Ort für Bildungstreffs, Workshops und Konzerten mitten in der Stadt Leipzig.

Campus wächst stetig

Zu diesen Geschichten gehört dann auch, dass die polnische Berliner Botschaftsschule seit rund zwei Jahren eine Außenstelle auf dem Schulcampus von Rahn Education im graphischen Viertel hat. Und dass dieser Campus stetig wächst – mit den Kindertagesstätten „Musikus“ und „Tarius“ oder weiteren Schulen. Aktuelle Neuigkeit: Erst vor kurzem wurde das Café „Stullenfabrik“ eröffnet.

Um auch mal eine Zahl zu nennen: Rund 350 000 Euro fließen aus der Stiftung jährlich in die Förderung der verschiedensten Projekte. Unterstützt werden die Neue Leipziger Chopin Gesellschaft, aber auch das Kammerfestival Con Spirito (das in diesem Jahr vom 30. August bis 7. September in den Leipziger Komponistenhäuser stattfinden wird) und die Konzerte im Bundesverwaltungsgericht zur Unterstützung junger Künstler.

Die Aufzählung kann munter weitergehen: Es gibt Förderungen für Gesangs-Meisterkurse und für kreatives Schreiben, für die Juryarbeit des „Young Eyes Film Award“ des Filmfestivals DOK Leipzig, für die Herausgabe der Leipziger Blätter, für Ballettkurse an der Komischen Oper Berlin, für die Leipziger Dauerausstellung „Der junge Wagner“ in der Alten Nikolaischule, für Tempelausgrabungen und für Ausflüge in den Leipziger Zoo, dazu kommen Stipendien und Schulgeld und und und … Nicht zu vergessen: Die Stiftung ist Mitglied vieler Fördervereine wie etwa vom Völkerschlachtdenkmal, der Leipziger Oper, des Städtepartnervereins Leipzig-Krakow.

Für Gotthard Dittrich ist dieses Jahr 2025 ein besonderes: Im Frühjahr feierte die Rahn Education das 35-jährige Jubiläum im Kunstkraftwerk. Inzwischen ist der Bildungsträger munter gewachsen und dies weit über die Stadtgrenzen hinaus – über 40 Einrichtungen in Deutschland, Ägypten, Italien, Polen, Schweiz gibt es inzwischen. Entsprechend bunt und international war die Schar der Gratulierenden aus den Bereichen Bildung Wirtschaft und Kultur. Und weil Gotthard Dittrich so viel an Musik liegt, durften junge Künstlerinnen und Künstler wie der polnische Pianist Nikolai Wozniak ihr Können zeigen.

Eine Bestätigung, aber kein Grund für eine Pause

Die vielen Glückwünsche sind für den Geschäftsführer sicher eine Bestätigung, aber kein Grund für eine – nun ja – bildungspolitische Pause. Klar, Gotthard Dittrich hat weitere Projekte im Blick. Dennoch nimmt er sich gern die Zeit, mal inne zu halten, für ein Konzert im Gewandhaus zu Leipzig oder einen Besuch in der Oper. Oder für einen genussvollen Abend beim Leipziger Lieblingsitaliener. Am besten mit Freunden, um Gedanken auszutauschen. Da gibt es auch so viele Sachbücher zu lesen. Doch wenn Gotthard Dittrich einfach mal alle Fünfe grade sein lassen möchte, bricht er auf zum Urlaub ans Rote Meer.

Apropos besonderes Jahr: In diesen Tagen fuhr Gotthard Dittrich mit freudigen Herzen nach Dresden. Genauer gesagt in die Sächsische Staatskanzlei. Dort erhielt er aus den Händen des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer den Bundesverdienstorden: „Ich fühlte mich sehr geehrt. Danke meinem gesamten Team für ihre unermüdliche Einsatzbereitschaft, für Ihre Treue – auf ein weiter so.“

Ach ja – die Routine am Morgen beginnt für ihn übrigens mit einer Schwimmrunde im Hotel gleich nebenan. Und zum Sonntagsfrühstück – das wird dann noch im Bett genossen – gibt’s zwei Äpfel, eine Apfelsine und eine Tasse Kaffee. Traudel Thalheim

Infos: www.schumannhaus.de und www.rahn.education

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