Radsportlegende Täve Schur – hier beim LVZ-Fahrradfest vor einigen Jahren. Foto: André Kempner

„Du bist nicht mehr da, wo Du warst, aber Du bist überall, wo wir sind.“ Es ist jener Satz, mit dem das vielleicht größte Sportidol des Ostens im Namen der gesamten Familie unlängst Abschied von seiner  Frau nahm. Gustav Adolf „Täve“ Schur trauert um seine liebe Reni. Im Alter von 88 Jahren starb sie bereits am 10. Mai.

Zur Hochzeit auf zwei Rädern

58 Jahre waren Täve und Reni verheiratet. Mindestens genauso lange war der neunmalige Sportler des Jahres  mit dem Muldental verbandelt. Was kaum einer weiß: Ausgerechnet auf Mutzschens holprigen „Katzenköpfen“ fuhr der Radrenner in übertragenem Sinne seinen wichtigsten Etappensieg ein, heiratete im altehrwürdigen Städtchen bei Grimma seine Ren(n)ate. Und sollte es nie bereuen. Freunde sagen, Täves allergrößtes Glück waren nicht all die Weltmeistertitel und Friedensfahrtsiege, es sei seine großartige Partnerin.

Der inzwischen verstorbenen damaligen Mutzschener Standesbeamtin Hildegard Lützkendorf wurde an jenem 12. Juni 1962 die Ehre der Trauung zuteil. Sie erinnerte sich: „Die Schwiegermutter mit Tochter kam per Taxi aus Leipzig. Täve traf leicht verspätet ein – auf dem Rad!“ Mutzschens langjähriger BSG-Leiter Erich Grunert sei der Drahtzieher gewesen. Er arbeitete beim Sportbund und war mit Täve befreundet. Da Schur schon damals kein Freund des großen Rummels war, bestellte Erich für ihn das Aufgebot im eher verschlafenen Mutzschen.

Ein ganzer Platz voller Menschen

Wohlgemerkt unter dem Siegel der Verschwiegenheit. „Ich hielt dicht“, betonte Hildegard immer. „Doch Erich, der den Täve und seine Frau nach der Hochzeit bei sich zu Hause mit einem Festessen bewirten wollte, kaufte so viel ein, dass die Mutzschener den Braten gerochen haben mussten.“ Als Täve nach dem Ja-Wort auf den Töpfermarkt trat, lag ihm wohl ein ungläubiges „Nein“ auf den Lippen: Der ganze Platz voller Menschen.

„Zwei Pioniere versperrten Täve den Weg mit einem symbolischen Band der Sympathie. Erst als ihm Storchenvater Rudi Berger aus seinem Tante-Emma-Laden jede Menge Bonbons zuspielte und Täve sämtliche Kinder abspeiste, durfte er passieren“, lachte die einstige Standesbeamtin.

Bernd Hinz, 75, war jahrzehntelang Handballtrainer bei Einheit Mutzschen und ist bis heute ein großer Verehrer von Schur: „1987 war ich Bürgermeister von Mutzschen. Als solcher reiste ich  nach Magdeburg, um Täve  im Namen der Mutzschener zur Silberhochzeit zu gratulieren.“ Die einstige Standesbeamtin Hildegard Lützkendorf sei mit ihm gereist, betont Hinz. Klar habe sich Täve an Mutzschen, seinen wichtigsten Etappensieg, erinnert. Nicht umsonst besuchte er Mutzschen 1998 noch einmal. Damals feierte die Stadt „150 Jahre Sport in Mutzschen“. Zu Schurs 75. Geburtstag sei er ebenfalls geladen gewesen, erinnert sich Bernd Hinz.

Die Mutzschener sollen sich nicht unterkriegen lassen und gesund bleiben, lässt Täve Schur in seinen Grüßen ausrichten. Übrigens: Der Töpfermarkt sei damals nicht voll gewesen: „Wir wollen es mal nicht übertreiben“, stapelt der Radrenner, typisch Täve, bewusst tief.

Reni war auch ein politischer Mensch

Schur würdigt seine Reni als begnadete Organisationschefin, die bei voller Berufstätigkeit als Verkaufsstellenleiterin vier Kinder zu verantwortungsbewussten  Menschen erzogen habe. Sie sei warmherzig, fürsorglich und liebevoll gewesen. Renis Gastfreundschaft, ihre Koch- und Backkünste beschreibt er als phänomenal. „Sie hatte mir stets geholfen, die Fanpost zu durchforsten“, gesteht der siebenfache Großvater. Vor allem aber, so Schur, der zwischenzeitlich für die PDS im Bundestag saß: „Mit Reni konntest du auch über Politik reden!“  Haig Latchinian

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