Steffen Gaber hat sie drauf – die Pose eines Modezars. Doch die meiste Zeit hat der humorvolle Grimmaer eine Lächeln auf den Lippen. Er hat auch allen Grund dazu, immerhin ist sein Beruf seine Passion, wie er sagt. Foto: Pauline Szyltowski

Grimma. Wer Steffen Gaber kennt, hatte bei dessen Anblick sicher auch schon einmal diesen Gedanken: „Mit seinem Look könnte er glatt als Modedesigner durchgehen.“ Zum Gespräch für das Sonntagsfrühstück in seinem Geschäft in der Grimmaer Altstadt etwa präsentiert er sich kostspielig in schwarz. Die Haare sind nach hinten gegelt und verbinden sich am Hinterkopf zu einem kleinen Zöpfchen. Zu einem Oberteil von Valentino kombiniert er einen Blazer von Karl Lagerfeld, dunkle Hose und Sneaker in Lackoptik. Seine einzigartige Erscheinung wird von einer getönten schwarzblauen Statement-brille abgerundet. „Die Brille habe ich in Venedig gekauft. Meine Frau und ich gehen dort gern shoppen“, sagt er. Wie sollte es auch anders sein.

Jedoch, Steffen Gaber ist kein Designer. Ja, der 59-Jährige lebt Mode, aber seine Mission ist es, diese an die Frau oder den Mann zu bringen. Aktuell betreibt er mit seiner Frau Evelyn vier Modegeschäfte in Grimma, Borna und Döbeln. Grimma ist nicht Paris, doch das hält Familie Gaber nicht davon ab, aufwändige Modenschauen zu gestalten oder Marken jenseits des Mainstreams in den Laden zu hängen. Denn, so erklärt er: „Mode ist für uns Passion, wir machen unsere Arbeit aus Leidenschaft.“

Eine untrennbare Einheit

Im Gespräch spricht er selten von sich allein, sondern vom „Wir“. Seine Frau und er sind seit der Jugend auch im Berufsleben eine untrennbare Einheit. Kennen und lieben gelernt haben sie sich 1980 in der Berufsschule. Beide machten in Leipzig eine Ausbildung für Gebrauchswerbung. Sie lernten dabei, wie Geschäfte und besonders deren Schaufenster gestaltet und dekoriert werden. 1984 heirateten die beiden. Sie zog zu ihm nach Grimma und begann in der örtlichen Papierfabrik eine Karriere in der Werbeabteilung. Auch Steffen Gaber wollte sich beruflich umorientieren und sich als Dekorateur selbstständig machen. „Die Zeit bei Konsum war eher langweilig“, sagt der Gebürtige Grimmaer. Beim letzten Wort schmunzelt er schelmisch, hebt beide Hände und zeichnet mit Zeige- und Mittelfingern Anführungszeichen in die Luft. Damit unterstreicht er das Absurde in der Geschichte. Denn während die Selbstständigkeit heute nur einen Abstecher beim Gewerbeamt bedarf, war es in der DDR nicht gern gesehen, ein privates Unternehmen zu führen. „Ich stellte meinen Antrag auf Selbstständigkeit 1984. Danach musste ich fünf Jahre lang jeden Freitag ins zum Rat des Kreises in Grimma, nur um jedes Mal zu erfahren, dass mein Antrag abgelehnt wurde, weil noch Auflagen erfüllt werden müssten.“

Die Mode war ihr Schicksal

1989 dann wurde sein Antrag endlich bewilligt. Gemeinsam mit seiner Frau dekorierte er von da an Schaufenster privater Geschäfte in Sachsen und Thüringen. Wie das Schicksal es so will, fanden vor allem Eigentümerinnen und Eigentümer von Modegeschäften – darunter auch von Modehaus Fischer – gefallen an den gestalterischen Talenten der Gabers. „und so haben wir einen Hang zur Mode entwickelt“, sagt Steffen Gaber. Die Mode schlich sich also einfach so in sein Leben. Und so kam es, dass er 1994 sein erstes Modegeschäft im PEP Grimma eröffnete. Die Strategie war von Anfang an klar. Steffen Gaber erklärt: „Wir hatten uns mit unserer Schaufensterdeko einen Namen gemacht, weil wir sehr hochwertig arbeiten. Den gleichen Anspruch hatten wir von Anfang an auch für unsere Geschäfte“. 1996 eröffneten er und seine Frau ein weiteres Geschäft in der Grimmaer Altstadt. Ab Anfang der 2000er folgten weitere Geschäfte in Grimma, Döbeln und Borna. Eine Filiale musste Steffen Gaber nach dem Hochwasser 2002 in Grimma schließen. Es wäre zu teuer gewesen, alle Läden zu sanieren. „Alle betroffenen Räumlichkeiten waren komplett zerstört. Selbst ich wäre beinahe nicht lebend davongekommen.“

Ein echter Überlebenskampf

Als die Flut kam, war er in seinem Laden in Döbeln. Durch das eindringende Wasser fiel der Strom und somit das Sicherheitssystem aus. Daher waren alle Ausgänge verriegelt und Steffen Gaber im Geschäft gefangen. Das Wasser stieg schnell bis fast an die Ladendecke. In letzter Sekunde schwamm er ins Badezimmer, öffnete dort das Fenster. „Der Sog der Strömung zerrte mich raus und trieb mich auf den Markt. Leute aus einem anderen Haus bekamen mich zu greifen und zogen mich zum Glück in ihr Gebäude rein“, erzählt er weiter. Diese unglaublichen Szenen erinnern an den Untergang der Titanic. Steffen Gaber kam damals nochmal mit einem „blauen Auge“ davon, und mit einem gebrochenen Fuß. Seine Frau und Tochter erwischte das Hochwasser in einem Laden in Grimma. Jedoch hatten sie mehr Glück und konnten sich in die Wohnung einer Mitarbeiterin in der ersten Etage retten.

Mode mal Ehrlich

„In Extremsituationen wie diesen, lernt man die Leute richtig kennen“, sagt Steffen Gaber. Er ist heute noch gerührt davon, wie viel Hilfe er damals von allen Seiten erhalten habe. Auch er und seine Frau wollten Opfer des Hochwassers unterstützen und dies taten sie in typischer Gaber-Manier – mit einer Benefiz-Modenschau im Döbelner Theater.

Das Paar möchte den Zuschauerinnen und Zuschauern stets ein besonderes Erlebnis bieten, bereitet ausgefallenen Requisiten vor und lädt zu seinen Modenschauen immer bekannte Persönlichkeiten ein. Für die Show in Döbeln konnten sie etwa Klaus Ehrlich von der MDR-Sendung „Mode mal Ehrlich“ als Moderator gewinnen. In den letzten Jahren waren außerdem oft bekannte ehemalige Models, etwa Teilnehmerinnen von Germanys next Topmodel, bei den Schauen dabei.

Für das gewisse Etwas scheute Steffen Gaber schon in den Neunzigern keine Mühen. Für seine erste Modenschau in Grimma wollte er unbedingt ein farbiges Model, was zu der Zeit ein schwieriges unterfangen war, gerade in Sachsen. Und so setzte er sich voller Hoffnung vor ein Studentenwohnheim in Leipzig. Er hatte Glück: nach einigen Stunden traf er dort auf eine Studentin aus Angola. „Rosali“, so ihr Spitzname seitdem, „war wunderschön, 18 Jahre, eins-achtzig und hatte Größe 34“, schwärmt Steffen Gaber. Die beiden wurden Freunde und so nahm sie 15 Jahre lang an Gabers Modenschauen teil. „Heute arbeitet Rosali in Luanda, Angolas Hauptstadt, in der Botschaft “, sagt Steffen Gaber stolz.

Eine der aufwändigsten Veranstaltungen, die die Gabers organisiert haben, war ein Modeball im Leipziger Ratskeller im Jahr 2000 Zwischen den neuesten Looks wurde damals auch auf die Mode vergangener Epochen geblickt. Und so waren auch Models mit unter anderem gepuderten Perücken, Rüschen und Reifröcken zu sehen.

Lebendige Schaufenster-Puppen, Italienische Wochen mit dem passenden Wein – Steffen Gaber lässt sich immer etwas einfallen, um die Kundschaft zu begeistern. Er shootete auch mal eine Werbe-Kampagne für die Jugendmodemarke Killah mit seiner damals 13-jährigen Tochter Christin. Doch woher kommt die Motivation? Andere Modegeschäfte existieren doch auch ohne solcherlei Aufwand.

„Das Gesamtpaket bieten“

Steffen Gaber lehnt sich zurück, sammelt sich kurz und erklärt: „Wir bieten eben das Gesamtpaket und da sind die Schauen für uns ganz selbstverständlich. Sie sind ein Dankeschön an unsere Kundschaft. Sie verbringen eine schöne Zeit, sehen Prominente und schöne Dinge. Wir zeigen ihnen neue Trends und Schnitte. Damit wollen wir ihnen auch vermitteln: Mode ist eine Frage der Einstellung und nicht des Alters“. Die Liebe zum Detail und die Mühe scheinen sich zu lohnen. Nicht nur zu einigen Models und Musikerinnen pflegen die Gabers langjährige Freundschaften, auch zu vielen Kundinnen und Kunden.

Doch so wichtig wie der Mensch, der sie trägt, ist die Mode selbst. Und auch hier gilt: Steffen Gaber macht keine halben Sachen. Er und seine Frau sind regelmäßig auf Messen und Fashionweeks unterwegs. Von vielen Labels bekomme er als treuer Geschäftspartner Einladungen zu Modenschauen. Selbst Karl Lagerfeld habe der Grimmaer persönlich kennen gelernt, in dessen Showroom in Düsseldorf. „Er ist, war, ein sehr intelligenter, feinfühliger, freundlicher Mensch. Wenn man nach dem Krieg als 14-jähriger deutscher Junge nach Frankreich geht und dort zum Superstar wird, dann muss da ein riesen Können dahinter stecken“, schwärmt Steffen Gaber. „Im Fernsehen wurde er oft als arrogant dargestellt. War er aber keinesfalls. Meiner Ansicht nach kam er in den Medien anders rüber, weil ihn dumme Fragen langweilten.“

The Show must go on!

Doch zurück zur Modewelt im Muldental. Plant Chef Gaber schonwieder seine nächste Schau? Ja, am 1. April im PEP Grimma. Erstmalig wird er zur musikalischen Untermalung live singen, im Duett mit Eva Maria Pickert. Ganze 66-mal ist die Sängerin schon bei Gaber-Modenschauen aufgetreten und ist ebenfalls eine enge Freundin der Familie.

Solange Evelyn und Steffen Gaber und die Mode gemeinsame Wege beschreiten, werden die Schauen und Veranstaltungen ein Teil davon sein. Der Grimmaer Modechef hofft, so lange wie möglich weitermachen zu können. Denn, so sagt er nicht zum ersten Mal an diesem Tag: „Wir üben den Beruf aus Leidenschaft aus, er ist unser Hobby. Es macht nach wie vor Spaß neue Dinge und neue Trends zu sehen und mit Menschen umzugehen.“ Pauline Szyltowski

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