Zum Patronatsfest in Borna las Gabriele Kleine aus "Edith Stein - Aus dem Leben einer jüdischen Familie". Foto: Philipp Ramm

Borna. Literatur, Musik, leiblicher Genuss – beim jüngsten Patronatsfest im Garten der katholischen Gemeinde St. Joseph in Borna ging es vor allem um die Begegnung mit der jüdischen Kultur. Dabei boten eine Buchlesung, Live-Musik und Kostproben aus der Levante-Küche einen Zugang für alle Sinne. Der Anlass für die katholischen Christen zwischen Leipzig und Chemnitz war die Feier nach einem Jahr unter dem neuen Patronat Hl. Edith Stein, die außerdem vor 130 Jahren geboren wurde.

Das Pfarrei-Patronatsfest wurde mit einem Open-Air-Gottesdienst eröffnet. Kaplan Thomas Wiesner griff in seiner Predigt die jüdischen Wurzeln von Edith Stein und ihre Suche nach der Wahrheit auf, die letztlich zu ihrer Konvertierung führte. Die Mittagspause bot Gelegenheit traditionelle Gerichte aus der Levante-Küche, egal ob Suppe, Brotaufstrich oder Gebäck, zu verkosten. Während der Buchlesung kam Edith Stein selbst zu Wort. Gabriele Kleine las ausgewählte Passagen aus ihren Kindheitserinnerungen „Aus dem Leben einer jüdischen Familie“ vor und erzählte den Zuhörern auf unterhaltsame Weise von ihrer Zeit in Breslau: Edith Stein kam 1891 als jüngstes von elf Kindern zur Welt, allerdings waren vier Geschwister bereits vor ihrer Geburt gestorben. Ebenso verstarb ihr Vater nach ihrem ersten Lebensjahr, der einen Holzhandel führte. Daraufhin musste ihre Mutter die Kinder alleine großziehen und das Geschäft weiterführen. Und dies offensichtlich so erfolgreich, dass sie allen eine gute Schulausbildung ermöglichen konnte. Daher verwundert es nicht, dass die Bindung der Kinder zur Mutter sehr eng war.

Gabriele Kleine, Gemeindemitglied aus Borna, beschäftigt sich seit einer Zeit mit dem Leben und Wirken von Edith Stein. Sie findet besonders beeindruckend an ihr, dass „sie eine fortschrittliche Frau war, wir würden heute von einer ‚Frauenrechtlerin‘ sprechen. Sie hat sich dafür eingesetzt, dass niemand auf den anderen herabschaut, egal welchen Glauben er besitzt“.

Schwungvoll wurde es im Anschluss mit dem Duo Mamaliga aus Leipzig. Dabei stellten die beiden Musiker, begleitet mit Klarinette und Akkordeon, typische Stücke der Klezmer-Musik vor. Sie verstanden es gekonnt, das Publikum mit einzubinden und es für ihre Musik zu begeistern. Ein kleines Kinderprogramm mit bunten Bastel- und Spielangeboten machte die Veranstaltung zu einem Familienfest. Mit dem Segen durch Kaplan Wiesner endete ein erlebnisreicher Tag, der auch ein Zeichen gegen Antisemitismus setzte.

Zum Hintergrund der Veranstaltung: Anlässlich des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ (#2021JLID) – und einem Jahr unter dem neuen Patronat Hl. Edith Stein nach der Neugründung der gleichnamigen Pfarrei für die katholischen Christen zwischen Leipzig und Chemnitz – beteiligt sich die katholische Gemeinde St. Joseph Borna mit dem Projekt „Jüdische Lebensspuren in Borna“ daran. Mit dem Projekt soll nicht nur ein Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt, sondern auch das jüdische Leben in der Stadt Borna sichtbar und erlebbar gemacht sowie wieder ins Bewusstsein der Menschen gebracht werden. Den Abschluss bildet die Einladung zu einer städtischen Gedenkveranstaltung am Dienstag, 9. November, anlässlich der Novemberereignisse von 1938.

Weitere Informationen im Internet unter: www.kath-kirche-borna.de und www.2021jlid.de

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