Manch einer könnte da von Familientradition sprechen: Denn auch Johannes Langs Urgroßvater Günther Werner Hans Ramin stand einst im Dienste der Thomas- kirche. Erst als Organist, später als Kantor. Foto: André Kempner
Manch einer könnte da von Familientradition sprechen: Denn auch Johannes Langs Urgroßvater Günther Werner Hans Ramin stand einst im Dienste der Thomas- kirche. Erst als Organist, später als Kantor. Foto: André Kempner

Johannes Lang ist stolz. Das sagt er nicht, das merkt man. Daran, wie er sich bewegt, wie er Gäste durch die Thomaskirche führt und daran, wie er über sein Instrument spricht. Immer lässt er der Tradition dabei den Vortritt und denen, die hier wirken und gewirkt haben.

Johannes Lang ist Thomasorganist. Vor drei Jahren hat er den Job in der einstigen Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs angetreten. Auch Langs Urgroßvater Günther Werner Hans Ramin wirkte hier als Kirchenmusiker. Erst als Organist, später als Kantor.

Ein bisschen ist ihm die Leidenschaft für die Orgel also in die Wiege gelegt worden. Auch wenn die Tradition der Berufsmusiker in seiner Familie eine Generation übersprungen hat. Denn Langs Eltern ergriffen andere Berufe, prägten ihn und seine vier Geschwister dennoch stark als Hobbymusiker.

Der mächtige Klang führte in die Kirche

Als Kind war Lang, der in Düsseldorf geboren und im Dreiländereck aufgewachsen ist, von den Kirchenglocken fasziniert. Der mächtige Klang führte ihn in die Kirche. Er wurde Hilfsküster und schließlich vom Orgelvirus infiziert. Mit gerade einmal acht Jahren fing er mit dem Orgelspiel an. „Ich bin kaum an die Pedale gekommen“, erinnert er sich. Es sei ein großes Glück gewesen, dass er immer wieder an die richtigen Lehrer geraten ist, die seine Begabung gesehen und ihn gefördert haben. Mit 15, 16 Jahren sei klar gewesen, dass er Kirchenmusiker werden will. Dass es ihn mal in diese Position und damit an die Blütestelle der Kirchenmusik führen würde, verdanke er vielen glücklichen Umständen.

Spiel auf höchstem Niveau

In der Thomaskirche könne er sich ganz auf das Orgelspiel konzentrieren. Anders als an früheren Arbeitsstellen in Freiburg, Lörrach oder Potsdam- Sanssouci sind die Rolle von Organist und Kantor in Leipzig klar getrennt. So kümmert sich Kantor Andreas Reize um So kümmert sich Kantor Andreas Reize vornehmlich um den Chor, während sich Johannes Lang vollends den Orgeln der Kirche widmet. Ja, er vermisst die Arbeit mit dem Chor, aber er weiß: „Wenn man in der Qualität des eigenen Orgelspiels noch ein bisschen nach oben kommen möchte, kommt man nicht umhin, zu sagen, ich lass das eine weg.“

Für den 31. Oktober/1. November plant Johannes Lang einen Konzert-Marathon an der Bach-Orgel. Foto: André Kempner
Für den 31. Oktober/1. November plant Johannes Lang einen Konzert-Marathon an der Bach-Orgel. Foto: André Kempner

Entsprechend viel Zeit verbringt Lang am Instrument, pflegt es, übt und bereitet seine Einsätze vor. Gemeint sind Motetten, Gottesdienste und Konzerte. Regelmäßig unterrichtet er im Rahmen seiner Honorarprofessur Studenten an den Orgeln im Gotteshaus am Thomaskirchhof oder führt Besucher zu den Instrumenten.

Der Mikrokosmos Thomaskirche

Seine Wochenenden verbringt er in der Regel am Orgeltisch. Das gehört zur Jobschreibung, „darauf lässt man sich ein“. Einmal im Monat übernimmt Assistent Ivo Mrvelj Langs Dienst. Dann hat der 36-Jährige ein Wochenende frei. Er mag diesen kleinen Mikrokosmos, in dem er sich bewegt, die Menschen, Kolleginnen und Kollegen und die Internationalität.

Er wüsste nicht, wohin es ihn noch ziehen sollte. Alle kämen ohnehin hier her nach Leipzig. Dass er ganz in der Nähe zur Kirche wohnt, wundert deshalb nicht. Einmal in der Woche entflieht er dieser Welt jedoch und pendelt zu seiner Partnerin nach Potsdam.

Ein Festival für die OrgelFür Thomasorganist Lang ist dieses Jahr ein besonderes. Vor 25 Jahren wurde sein Arbeitsinstrument geweiht. Die viermanualige Bach-Orgel, die auf Anregung von Langs Vorgänger, Ullrich Böhme, durch die Marburger Orgelwerkstatt Gerald Woehl erbaut wurde, hat ihren Platz auf der Nordempore der Kirche und ergänzt die größere dreimanualige Orgel von Wilhelm Sauer auf der Westempore. Deren Restaurierung wurde vor 20 Jahren abgeschlossen. Insofern feiert die Thomaskirche 2025 sogar zwei Jubiläen.

Das Bach-Orgel-Festival findet jedes Jahr statt, wenn die Thomaner in die Ferien fahren. Dann ist die samstägliche 15-Uhr-Motette den Orgeln vorbehalten. Eröffnet wird das Festival am 28. Juni, 15 Uhr. Zum Auftakt spielt Lang das Konzertprogramm, das Ullrich Böhme zur Einweihung der Orgel vor 25 Jahren gespielt hat. Im Anschluss wird der BBC-Dokumentationsfilm zu sehen sein, den der Sender vor 25 Jahren zum Bau der Orgel gedreht hatte. Zu Gast sind auch Organist Ullrich Böhme und Orgelbauer Gerald Woehl. Am 12. Juli folgt ein vierhändiges Konzert an der Sauer-Orgel, im August wird der Orgelnachwuchs aus aller Herren Länder hier zu Gast sein.

Orgel erhält Verzierung

Pünktlich zum Jubiläum bekommt die Bach-Orgel ihre fehlende Verzierung. Sie sei vor 25 Jahren geplant gewesen, jedoch immer wieder zurückgestellt worden. Jetzt kommt die Verzierung in eine Lücke im Oberwerk und die Orgel zu ihrer Vollendung. Es ist das „Soli deo gloria“ – Gott allein sei Ehre – das Johann Sebastian Bach immer unter seine Kompositionen schrieb. Das Jubiläum geht auch noch ein bisschen weiter. So plant der Organist am 31. Oktober ein besonderes Format. Dann will er in 14 Konzerten alle Bach-Orgelwerke am Stück – gut 20 Stunden setzt er dafür an.

Ob er ein Lieblingsinstrument hat? „Nein, das kann ich nicht sagen.“ Beide Instrumente seien von enormer Qualität und sehr unterschiedlich in ihrer Klanglichkeit. Während sich auf der Bach-Orgel eben vor allem Kompositionen aus der Bach-Zeit sowie davor und danach spielen ließen, eigne sich die Sauer-Orgel vor allem für die romantischen symphonischen Werke.

In der Thomaskirche ist jeden Tag Weihnachten

Johannes Lang ist erst seit drei Jahren an Bord. Was hat ihn in dieser Zeit besonders bewegt? „Natürlich ist das Bachfest immer etwas Besonderes, es eröffnen und die ersten Töne spielen zu dürfen. Dann gibt es Gottesdienstformen, die mich sehr bewegen. Beispielsweise die Feier der Osternacht, wenn die Kirche noch dunkel ist und das Licht reingebracht wird. Das ist schon was sehr Erhebendes.“

Aber eigentlich sei auch jede Motette mit dem Thomanerchor etwas Besonderes, wenn man wisse, man darf hier vor 1200 Leuten in der Kirche spielen. „Wie sagten mal die Pfarrer, die inzwischen leider nicht mehr da sind? In der Thomaskirche ist eigentlich jede Woche Weihnachten.“ Uta Zangemeister

Bach-Orgel-Festival, 28. Juni bis 9. August, samstags 15 Uhr; weitere Infos: www.thomaskirche.org

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here