Kein Leben mehr, nirgends: Revierförster Udo Köhler zeigt die Spuren des Borkenkäfers am Rindenstück einer Lärche, die infolge des Befalls mit dem Schädling im vergangenen Jahr abgestorben ist.Foto: Roger Dietze

REGION. Stürme der jüngsten Vergangenheit und hier insbesondere Sturmtief „Friederike“ vom Januar 2018 sowie der Dürre-Sommer halten die Förster im Forstbezirk Leipzig weiterhin in Atem. Nach dem trockenen April hat der bislang überwiegend feuchte und kühle Mai immerhin für etwas Entspannung gesorgt.
Jeder Maitag mit wechselhaftem Wetter und nur mäßig warmen Temperaturen zählt für die Förster im Forstbezirk Leipzig. Denn es ist eine Wetterlage der Art, wie sie der Borkenkäfer nicht mag. Und sie kommt für die Forstleute zum genau richtigen Zeitpunkt, nachdem der trockene und viel zu warme April hinsichtlich der zu erwartenden Vermehrungsraten des in Europa in über 150 verschiedenen Arten auftretenden Holzschädlings nichts Gutes erwarten ließ. Michael Müller, seines Zeichens Professor für Waldschutz an der TU Dresden, sprach im Hinblick auf den Borkenkäfer sogar von der „stärksten Massenvermehrung mindestens seit Ende des Zweiten Weltkrieges“. Denn abgesehen vom milden und trockenen Frühlingsstart findet der Schädling in den Wäldern jede Menge Totholz und trifft darüber hinaus auf aufgrund des fortbestehenden Wassermangels geschwächte und ums Überleben kämpfende Nadelbäume, die nur eingeschränkt oder gar nicht mehr zur Harzproduktion und damit zur natürlichen Schädlings-Abwehr in der Lage waren respektive weiterhin sind.
Doch für eine Entwarnung ist es noch zu früh. „Das Wetter spielt uns zweifellos in die Karten, aber der Befall ist nach wie vor vorhanden“, berichtet der Naunhofer Revierförster Udo Köhler. Man müsse weiterhin extrem auf der Hut sein, wenngleich der Wetterwechsel im Mai das schlimmstmögliche Szenario verhindern könnte. „Dieses Szenario tritt dann ein, wenn, wie es zunächst den Anschein hatte, das Frühjahr sehr zeitig trocken und warm ist und der Borkenkäfer damit in die Lage versetzt wird, drei Generationen Nachkommen in die Welt zu setzen.“ Derzeit sehe es nach zwei Generationen aus, im besten Fall schlüpfe in den kommenden Monaten aber auch nur eine.
So oder so ist in den regionalen Forsten nach wie vor höchste Aufmerksamkeit vonnöten. „Die Revierförster führen wöchentliche Kontrollen der Nadelholzbestände auf Neubefall und abgestorbene Bäume durch, um schnell eingreifen zu können und vorhandene Nadelbaumbestände zu schützen“, informiert Forstbezirks-Sprecherin Christiane Wolfram. „Und zwar, indem das befallene Holz möglichst sofort gefällt und aus dem Wald gebracht wird, und indem in absoluten Ausnahmefällen die im Fachjargon Polter genannten Holzstapel begiftet werden“, so Wolfram, die als Schwerpunkte des Käferbefalls bei der Fichte und der Lärche den Colditzer Forst und den Wermsdorfer Wald und bei letzterer Baumart zudem den Thümmlitzwald, das Grimmaer Klosterbuch sowie die Reviere Leipzig Süd und Naunhof nennt.
Dessen Leiter Udo Köhler hat mit seinen 55 Jahren zwar schon so manches Tänzchen mit dem Holz-Schädling getanzt, aber auch für ihn hat die Entwicklung seit dem vergangenen Jahr eine neue Dimension. „Im August war ein unglaublich aggressiver Fraß des Großen Lärchenborkenkäfers zu verzeichnen“, so Köhler, in dessen Revier der Fichtenanteil bei deutlich unter zwei und der der Lärche bei unter sechs Prozent und damit auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau liegt. „Diesbezüglich ganz andere Probleme haben jene Kollegen im Vorland der sächsischen Mittelgebirge und auf deren Höhenzügen, die mit großen Fichtenbeständen bewachsen sind. Dort nämlich muss man höllisch auf der Hut sein und umgehend bei einem Schädlingsbefall handeln, um nicht den Verlust großer Schläge zu riskieren“, so Udo Köhler, der nach eigener Aussage in seinem Revier auch schon mal die eine oder andere vom Borkenkäfer geschädigte Lärche auf Mischflächen stehen lässt. „Die Holzpreise sind in den Keller gerutscht, und wir sind nun einmal ein Wirtschaftsbetrieb und müssen entsprechend auch die wirtschaftlichen Aspekte im Auge behalten“, so der Forstoberinspektor, dem jedoch nicht nur der Borkenkäfer Sorgen bereitet. „Die Kiefer ist derzeit die große Unbekannte. Es sterben auffällig viele ab, was möglicherweise mit der sehr großen Hitze im vergangenen Jahr zu tun hat. Zudem ist ein diese Baumart befallender Pilz auf dem Vormarsch, demgegenüber uns die Hände gebunden sind.“
Roger Dietze

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