Jens Hanke ist Vorstandsmitglied für Flugplatzangelegenheiten, Gerold Weber (l.) Vorstandsvorsitzender des Fliegerklubs Roitzschjora. Foto: KiKi

30 Jahre sind eigentlich ein guter Grund zum Feiern, doch aufgrund der diesjährigen Ausnahmesituation konnte der runde Geburtstag des gemeinnützigen Vereins nicht gebührend begangen werden. Das betraf übrigens ebenso die Landesseniorensportspiele in den Luftsportarten, die traditionell in Roitzschjora ausgetragen werden. Auch geplante Veranstaltungen, die nichts mit Fliegen zu tun haben – so das Open-Air-Konzert „Spirit“ und ein großer Trödelmarkt –  konnten nicht stattfinden. SachsenSonntag traf sich mit den beiden Fliegerklub-Vorstandsmitgliedern Gerold Weber und Jens Hanke und durfte einen Blick hinter die Kulissen des kleines Flugplatzes werfen.

1990 gründete sich der ehrenamtlich tätige Fliegerklub Roitzschjora. Der Verein hat heute 50 Mitglieder und betreibt den gleichnamigen Verkehrslandeplatz, der sich auf einer Gesamtfläche von 78,5 Hektar genau zwischen Tiefensee und Roitzschjora befindet. Er ist zugelassen für Hubschrauber, Ballone, Segelflugzeuge und einige Motorflugzeuge. Und, man mag es kaum glauben, auch Luftschiffe – sogenannte Zeppeline – dürften in Roitzschjora starten und landen. Der Landeplatz ist laut Luftverkehrszulassungsordnung Teil der öffentlichen Infrastruktur und somit in den Verkehrswegeplänen Sachsens ebenso enthalten wie in den regionalen Entwicklungsplänen Nordwestsachsens.

„Insgesamt sind sieben Vereine auf dem Areal aktiv“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Gerold Weber. So sind neben dem Fliegerklub, der nicht nur Betreiber, sondern auch Eigentümer der Fläche ist, auch Flugtourist Delitzsch, Skydrive Leipzig, der Fallschirmsportverein Eilenburg, Historische Flugzeuge Sachsen, der Verein für Streckensegelflug Leipzig/Roitzschjora und der Modellflugverein Roitzschjora vor Ort. Außerdem gibt es eine Motorflugschule und weitere Pächter. Doch, was dieses Jahr anbelangt, mussten alle Aktivitäten, darunter auch die Flugausbildung, aufgrund der aktuellen Lage stark zurückgefahren werden.

30 Jahre Fliegerklub sind jedoch auch ein guter Anlass, mal einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Bereits 1936 wurde ein „Flugplatz Tiefensee“ für die Segelflugausbildung eingerichtet. 1944 kam es auf dem Areal, das nun „Einsatzflughafen Löbnitz“ hieß, zur Stationierung von zwei Gruppen eines Jagdgeschwaders. Kurz vor Kriegsende wurden diese Gruppen verlegt und die Munitionsbestände vor Ort gesprengt. Der nunmehr verlassene „Einsatzflughafen Löbnitz“ wurde am 20. April durch amerikanische Truppen eingenommen. Bis 1953 nutzte man die Flächen für die Landwirtschaft, ehe es dann im selben Jahr zur Wiedereinrichtung als Segelflugplatz kam. Ende der 1960er-Jahre ließ der damalige Rat des Kreises Delitzsch den Flugplatz Roitzschjora als Ausweichflugplatz für die Rote Armee vergrößern. Bereits 1990, also nur kurz nach der politischen Wende, wurde der heutige Fliegerklub Betreiber des Anwesens – später, was sich übrigens über viele Jahre hinzog, auch Eigentümer.

Das Flugplatzgelände hatte sich in den zurückliegenden Jahren auch als Festwiese für große Konzerte einen Namen gemacht. Zu den bekanntesten Musikfestivals zählte zweifelsohne das Heavy-Metal-Spektakel „With Full Force“, das von 1999 bis 2016 in manchen Jahren bis zu 30.000 Fans auf den Plan rief. Die nachfolgenden Veranstaltungen fanden in Ferropolis bei Gräfenhainichen statt. Nun hofft der Verein, dass ab kommendem Jahr dann die „Spirit“-Konzerte in Roitzschjora stattfinden können. Schließlich müssen alle Mittel zum Betreiben des Flugplatzes vom Verein selbst erwirtschaftet werden, und dazu können derartige Events beitragen. KiKi

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here