Er hat überhaupt keine Lust auf Geisterspiele: Lok-Präsident Thomas Löwe möchte viel lieber die Regionalliga Nordost am 15. Januar starten – mit Zuschauern. Foto: Christian Modla

In Berlin, Brandenburg und teilweise in Sachsen darf trotz zweitem Corona-Lockdowns trainiert werden, in Thüringen und Sachsen-Anhalt nicht. Lok Leipzigs Geschäftsführer Martin Mieth und NOFV-Geschäftsführer Holger Fuchs sind sich einig, dass so schnell wie möglich gleiche Voraussetzungen für alle geschaffen werden müssen.

Djamal Ziane ist ballvernarrt. „Ich glaube, ich spreche jedem Fußballer aus der Seele: Keiner geht gerne nur laufen“, erzählt er von den Vorlieben seiner Zunft. Nun kann der Toptorjäger des 1. FC Lok Leipzig trotz Saisonunterbrechung auf ungewisse Zeit wenigstens ein wenig Durchatmen. Die nächsten zwei Wochen werden sich Ziane und seine Kollegen gemeinsam fit halten.

„Ein sehr eingeschränktes Training“

„Es ist ein sehr eingeschränktes Training, nicht mit normalem Mannschaftstraining zu vergleichen. Es geht um den Erhalt der Fitness. Wir können nicht voll trainieren, solange wir nicht wissen, wie der Spielbetrieb weitergeht“, so Loks Geschäftsführer Martin Mieth. Zudem werden die Probstheidaer Kurzarbeit anmelden. So geschehen bereits während des ersten Corona-Lockdowns, als die Lok-Profis über 90 Tage individuell schuften mussten. Ziane weiß: „Klar trainiert man lieber auf dem Platz und schießt aufs Tor.“ Das geht den Menschen wie den Leuten, den Amateuren wie den Profis. Doch was ist eigentlich was?
Diese Frage stellt sich bei der Hybrid-Regionalliga Nordost. Zur Lösung trafen sich vor kurzem die Clubvertreter per Videokonferenz mit dem NOFV. Erkenntnisse? Die Nordost-RL pocht auf die Ausnahme-Regeln für den Profisport und will „möglichst zeitnah und flächendeckend“ in den Spielbetrieb zurückkehren, so Holger Fuchs.

Der NOFV-Geschäftsführer begründet: „Das ist eine Spielklasse mit professionellen Strukturen, 88 Prozent der Akteure sind Vertragsspieler.“ Daher bereite der NOFV ein Schreiben an die Sportminister der fünf zuständigen Landesregierungen vor, in dem um Unterstützung und andere Sichtweise geworben wird.

Ziel ist, dass Mitte November die Zwangspause aufgehoben wird. „Wir müssen erst gleiche Voraussetzungen für alle schaffen“, betont Fuchs jedoch. Derzeit können die Clubs in Berlin, Brandenburg und teilweise in Sachsen trainieren, in Thüringen und Sachsen-Anhalt nicht. Mieth wünscht sich ebenfalls: „Chancengleichheit muss gegeben sein.“

Doch auch dann stellt sich die für viele Vereine existenzielle Zuschauerfrage. „Geisterspiele sind für uns keine wirkliche Option“, stellt Mieth klar- was wohl nicht alle Vereine so sehen. Klar ist: Egal, wann es weitergeht, der Terminplan wird eng. Der ohnehin aufgeblähten Regionalliga fehlt ein Monat, hinzu kommen die vorprogrammierten witterungsbedingten Spielabsagen im Winter.

Derweil hält Lok-Präsident Thomas Löwe einen Restart am 25. November für zu früh. Der Virus, Geisterkulissen, Finanzen: Er plädiert für eine frühere Winterpause und eine Fortsetzung Anfang 2021.

Corona-Pause heißt nicht Arbeits-Pause, stellt Thomas Löwe klar. Der Präsident des 1. FC Lok Leipzig erklärt im 22. Lok-Podcast „Lok Cast“: „Nur, weil keine Spiele sind, haben der Aufsichtsrat und die Verwaltung keineswegs nichts zu tun. Wir wollen die Zeit jetzt auch nutzen, um die Sanierung des Tribünendachs fertigzustellen.“ Aber auch die Spieler der Probstheidaer können und dürfen sich nicht auf die faule Haut legen.

Dreimal in der Woche zum Training

Montag, Mittwoch und Freitag bittet Coach Almedin Civa nun zum gemeinsamen Training – einerseits zum Fithalten, andererseits um Bereit zu sein. Denn nachdem bereits die sächsische und thüringische Landesregierungen Training und einen möglichen Spielbetrieb in der Regionalliga Nordost abgenickt haben, wird Sachsen-Anhalt nun wohl nachziehen. Geht alles ganz schnell, könnte der Ball ab dem 25. November wieder rollen. Zu früh, findet Löwe. „Man muss vor dieser Krankheit demütig sein und Respekt haben. Gemessen an den steigenden Zahlen finde ich es unvernünftig. Die Krankheit kommt näher, Spiele fallen aus“, bringt der Lok-Boss gesundheitliche Aspekte vor.

Aber auch vor Geisterkulissen „fürchtet“ er sich. „Wir haben es in der Relegation erlebt: Es macht keinen Spaß. In den Bundesligen kann ich es aufgrund der hohen TV-Verträge verstehen, aber in den Regionalligen nicht. Ich sehe weder von der Stimmung noch finanziell einen Sinn darin. Ohne Fans sehe ich keinen Sinn, dieses Jahr ein Spiel anzupfeifen. Für wen sollen wir denn spielen?“, möchte der 53-jährige auch Zuschauer bei den Ligapartien dabei haben. „Man sollte sagen: Wir machen Winterpause“, so Löwe, der den 15. Januar als neuen Starttermin ins Spiel bringt.

Dass sich die Mehrheit der RL-Clubs bei einer Telefonkonferenz mit dem Nordostdeutsche Fußballverband für ein schnelles Comeback ohne Fans ausgesprochen hat, kann Löwe nicht verstehen. „Wir waren einer der wenigen Vereine, die sich klar Stellung genommen haben“, erzählt er, verweist aber auf die demokratischen Prinzipien des Verbandes und die Kollegialität innerhalb der Konkurrenz: „Wir haben keinen Stress mit anderen Vereinen. Es läuft alles auf vollkommen fairer Basis ab und keiner muss sich unserer Meinung anschließen.“

Worüber sich wohl alle Clubs einig sind: Einen Zuschuss, wie die Teams der RL West ihn von der NRW-Landesregierung erhalten haben, könnten sie auch gut gebrauchen. Ein Hilfspaket von 15 Millionen Euro erhalten die Vereine vom Land Nordrhein-Westfalen, um den Spielbetrieb auch bei Geisterspielen aufrecht erhalten zu können. „Die Schere zwischen Ost- und Westfußball ist jetzt schon sehr groß, auch wegen der ganz anderen Sponsorenmöglichkeiten“, überlegt Thomas Löwe besorgt und verrät: „Wenn man das Hilfspaket mal durchrechnet und auf die Teams der Regionalliga West aufteilt, dann ist das mehr als unser Mannschafts-Etat.“  Anton Kämpf

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