In der Dübener Heide wird Damwild gezüchtet. Ranger Udo Reiss gibt Tipps für sicheres Einzäunen, damit beispielsweise Hirschkuh Elli nicht in Gefahr gerät. Foto: PICTURE POINT/Kerstin Dölitzsch

Einst fühlte sich Udo Reiss (51) wie ein gehetztes Tier in der Finanzbranche. Heute kümmert er sich um Tiere in der Dübener Heide. Den Aktienindex Dax ersetzte er beispielsweise durch Dachs und Damwild. Nun ist der ausgebildete Ranger wieder mit sich im Reinen.

Er wohnt seit über 20 Jahren in einem verwunschen gelegenen Haus tief in der Dübener Heide, die er früher nur mal am Wochenende genießen konnte. Denn wochentags war Udo Reiss auf der Überholspur des Lebens. Er raste vorbei an den Feldern und Wäldern, um in Dresden, Leipzig oder Frankfurt am Main als Bankmanager am Schreibtisch in klimatisierten Räumen zu funktionieren. Aber spätestens nach der Finanzkrise erwischte sich der gelernte Bankkaufmann immer öfter dabei, über den Sinn seiner Arbeit nachzudenken. Und der Naturmensch malte sich aus, unterwegs auszusteigen. Aus dem Job im Allgemeinen.

Udo Reiss stellte sich vor, während der Fahrt anzuhalten und sich einfach mal an der Schönheit des Waldes und der Heide zu erfreuen. Ohne Zeit- und Renditedruck, ohne Personalabbau und Umstrukturierungen im Hinterkopf. „Mit dem Stress konnte ich relativ gut umgehen“, erzählt Udo Reiss, „Doch je älter ich wurde, umso häufiger stellte ich mir die Frage, ob ich das wirklich noch bis zur Rente machen möchte.“ Wollte er nicht. Vor seinem 50. Geburtstag stieg er aus, ohne einen neuen Einstieg in der Tasche zu haben. Irgendetwas mit Natur sollte es sein. Durch Zufall stieß der Heidebewohner in Dresden auf ein Ausbildungsangebot für einen geprüften Natur- und Landschaftspfleger. Über ein Jahr drückte Udo Reiss noch einmal die Schulbank. Sofort erkannte er, dass er sich auf dem richtigen Weg befindet.

Inzwischen ist der ehemalige Bankmanager Ranger in der 75?000 Hektar großen Dübener Heide und Leiter der Naturschutzstation. Mit seiner ruhigen sympathischen Art versucht er, beispielsweise beim emotional aufgeladenen Thema Wolf zu vermitteln. So war die Aufregung groß, als in einem kleinen Heidedorf ein Wolf in ein Damwildgatter eindrang und dort mehrere Tiere riss. Udo Reiss hört sich die Sorgen der Wildzüchter an, gibt Tipps rund um sichere Zäune und Entschädigungen. Besonders liegt dem Vater einer achtjährigen Tochter am Herzen, Kindern den Wald nahezubringen. „Sie sollen den Wert der Natur erkennen, weil er in der Großstadt leider oft verloren geht“, weiß der Ranger. „Ich hatte hier schon Mädchen und Jungen, die zuvor noch nie in einem Wald waren. Dabei ist er ein wahrer Gesundbrunnen.“ Das spürt auch Udo Reiss. Er ist nun täglich in seinem Revier unterwegs. „Vom Wald geht so eine positive Energie aus“, schwärmt der Naturschützer. „Nicht ohne Grund spricht man ja vom Doktor Wald.“ Der Ranger möchte, dass wieder mehr Großstädter in die Heide pilgern, so, wie es früher üblich war.

Derzeit tüftelt er an einem Konzept für ein unkompliziertes Übernachtungsabenteuer im größten Mischwald Mitteldeutschlands … Übrigens, auch Udo Reiss’ Ehefrau orientierte sich nach ihrer Bankerkarriere neu. Sie arbeitet nun als Tierheilpraktikerin. Und ist glücklich und zufrieden dabei, so wie ihr Mann.

Kontakt: www.naturpark-duebener-heide.com

Thomas Gillmeister

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